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Die Queen ist auch die Monarchin von Schottland.

Foto: AP/Milligan

Darüber will er 2014 ein Referendum abhalten. Erste Verhandlungen mit London soll es in dieser Woche geben.

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Die von Nationalisten geführte Regionalregierung Schottlands will "selbstbewusst für die Unabhängigkeit werben". Mit der Loslösung vom Londoner Zentralstaat könne die Nordprovinz zum "Leuchtturm für alle Progressiven" auf den Britischen Inseln werden, sagte Ministerpräsident Alex Salmond am Dienstagabend in London.

Am Mittwoch legt der Regierungschef dem Edinburgher Regionalparlament das ausführliche Konsultationspapier vor, das im Herbst 2014 in eine Volksabstimmung münden soll. Für Freitag sind erste Detailverhandlungen mit dem Londoner Schottland-Minister Michael Moore geplant. Die bisherige Autonomie gehe nicht weit genug, argumentiert Salmond: "Wir haben weniger Vollmachten als die deutschen Länder, die US-Bundesstaaten oder die spanischen Regionen."

Mit seiner Londoner Rede am Vorabend der Konsultationsdebatte zielte der Erste Minister von 5,2 Millionen Schotten auf die Öffentlichkeit im deutlich größeren England. Dessen rund 52 Millionen Bewohner fühlen sich Umfragen zufolge zunehmend unfair behandelt, weil ihre schottischen Mitbürger mehr Staatshilfe erhalten. "Keine Studiengebühren, keine Rezeptgebühren, kostenlose Pflege alter Menschen", zählte Salmond (57) die Vorteile auf und wandte das Argument gegen die vorherrschende Sparpolitik der konservativ-liberalen Koalitionsregierung: "Unsere Entscheidungen reflektieren das fundamentale Gebot der Fairness."

Zum zweiten Mal binnen dreier Jahre wirbt Salmonds sozialdemokratisch geprägte Nationalpartei SNP ausgerechnet am 25. Jänner für den Traum von der Unabhängigkeit. Der Termin am inoffiziellen Nationalfeiertag, dem Geburtstag des Dichters Robert Burns (1759-1796), deutet darauf hin, dass die Nationalisten auf eine romantische Sichtweise ihrer Autonomiebestrebungen setzen - zu sehr, finden Kritiker wie Kenneth Roy von der Diskussions-Plattform Scottish Review (siehe Interview unten). "Statt immer die romantische Karte zu spielen, sollte Salmond Antworten auf sehr rationale Fragen geben."

Laut Presseberichten plant das Verteidigungsministerium in London bereits eine Verlegung der mit Atomwaffen bestückten Vanguard-U-Boote aus ihrem bisherigen Stützpunkt Faslane. "Diese Massenvernichtungswaffen sind in Schottland ohnehin nicht erwünscht" , sagt der SNP-Stratege Angus Robertson.

Euro-Beitritt als Muss

Unklar bleibt auch die Haltung der Nationalisten zu ihrer Währungs- und Finanzpolitik. Edinburghs angestrebter EU-Beitritt würde geltendem Recht zufolge die zwingende Verpflichtung nach sich ziehen, baldmöglichst der Eurozone beizutreten. Das ist angesichts der Turbulenzen selbst im europafreundlichen Schottland wenig populär.

Man könne problemlos weiterhin das britische Pfund benutzen, heißt es deshalb aus Salmonds Umfeld - was wiederum der frühere Labour-Finanzminister Alistair Darling für eine "völlig lächerliche Position" hält: "Was wäre der Vorteil davon, sich als eigenes Land zu gerieren, wenn man dann weniger Einfluss über seine Währung hat als zuvor?" Von Wirtschaftsverbänden kommen mahnende Worte. Neben dem Referendum gebe es wichtigere Probleme, glaubt Garry Clark von der schottischen Handelskammer: "Es ist sehr wichtig, dass unsere Politiker die Wirtschaftslage als absolute Top-Priorität behandeln."

Auf politischer Ebene dürfte der Streit um die Volksabstimmung auf Monate hinaus im Vordergrund stehen. Dem Treffen mit Minister Moore stimmte Salmonds Büro erst zu, nachdem Downing Street ein Spitzengespräch mit Premier David Cameron zugesagt hatte. Salmond will auf Augenhöhe mit dem Konservativen verhandeln, der "mit jeder Faser meiner Existenz für die Union" zu kämpfen verspricht. Allerdings schnitten sowohl Camerons Tories wie die Liberaldemokraten in Schottland zuletzt schlecht ab. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2012)