In Maria Enzersdorf fand Mitte Jänner das ÖFB-Trainerseminar für die B-, A- und UEFA-Pro-Lizenzinhaber statt. Trainer mit entsprechender Lizenz müssen einmal in zwei Jahren eine Weiterbildungsveranstaltung des ÖFB besuchen, damit der Trainerschein seine Gültigkeit behält und 100 Euro Seminarbeitrag löhnen. Der ÖFB hat vergangene Woche die PowerPoint-Präsentationen der Referenten veröffentlicht, derStandard.at stellt einige High- und Lowlights vor.

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Das Programm in vergrößerter Ansicht

Foto: ÖFB

Willi Ruttensteiner, der Technische Direktor des ÖFB, referierte über die Analyseergebnisse der U17- und U20-Weltmeisterschaften. Dabei zitierte er einen interessanten Mann: Willi Ruttensteiner. Auffällig: Seine Präsentation wird bei einer offiziellen ÖFB-Veranstaltung im FIFA-Design vorgestellt. Er­klärung des ÖFB: "Ruttensteiner ist auch FIFA-Instruktor und war bei der U17-WM in der Technischen Studiengruppe".

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Willi Ruttensteiner - WM-U17- und WM-U20-Analyse

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Ruttensteiners Präsentation ist nicht frei von Widersprüchen. Einerseits schließt er aus Analyseergebnissen, dass das Training der Basis­techniken unter Druck statt­finden müsse. Andererseits präsentiert er Ergebnisse aus seinem Programm "Perfect Technique", einem sehr aufwendigen und teuren Videoanalyseverfahren, in dem das technische Vermögen der jungen Spieler nach Ideal­­bewegungen beurteilt wird. Konkret: "Perfect Technique" kostet viel, stellt aber das Gegenteil neuester Erkenntnisse dar.

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Willi Ruttensteiner - WM-U17- und WM-U20-Analyse

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Fritz Schmid, der Assistent von Marcel Koller, hielt ein laut Augenzeugen interessantes Referat zum Thema "Vom Sager zum Frager", in dem er die Veränderungen in puncto Führungsstil beschrieb. Schmid setzt dabei viele Querverweise zu anderen Fachbereichen, so entstand auch diese etwas skurril anmutende PowerPoint-Folie, in der Ruttensteiner mit "Heraklid" (sic!), Darwin und Hawking in eine Reihe gestellt wird. Streicheleinheiten des Trainers für den Technischen Direktor.

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Fritz Schmid - Vom Sager zum Frager

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Marcel Koller hielt einen laut Anwesenden fachlich überzeugenden Vortrag zum Thema "Der Start mit der österreichischen Nationalmannschaft". Wie in der Folie zu sehen, beschrieb er die Trainingsinhalte und führte eine fundierte Videoanalyse zum Ländermatch gegen die Ukraine durch.

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Marcel Koller - Der Start mit der österreichischen Nationalmannschaft

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Ein Programmhöhepunkt war der Vortrag von Werner Gregoritsch, der über seine Erfahrungen mit Kapfenberg sprach. Interessant ist vor allem der letzte Punkt, in dem er ein "zu humanes" Training als Grund für den Misserfolg an­gibt. Ob ihn der ÖFB in freudiger Erwartung eines inhumanen Trainings als U21-Coach verpflichtete, ist bislang nicht bekannt.

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Werner Gregoritsch - SV Kapfenberg - Eine Bilanz

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Andi Heraf hielt ein Referat über die Chronologie des Scheiterns: Er musste den Misserfolg bei der U20-WM vor rund 350 Trainerkollegen erklären. Seine Präsentation wurde zunächst ebenso erfolglos auf der Webseite des ÖFB verlinkt, ist mittlerweile aber wieder online. Auch in der Präsentation von Schmid fand man Heraf wieder (siehe Screenshot).

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Andreas Heraf - Analyse der FIFA - U20 WM

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Ausbildungsleiter Thomas Janeschitz präsentierte die jungen Referenten Christian Ilzer und Klaus Guger. Die Vortragsweise wirkte laut Anwesenden ebenso wenig professionell wie die Präsentation. Inhaltlich wirkte der Vortrag fundiert, ohne wirklich neue Erkenntnisse offenzulegen. Interessanter wäre wohl die Einladung eines Profis wie Marcel Lucassen gewesen, der revolutionäre und neue Ansätze des Individualtrainings entwickelt hat.

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Christian Ilzer/Klaus Guger - Individualtraining als wichtiges Instrument in der Spielentwicklung

Thomas Janeschitz - Die neue Ausbildungsstruktur

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Im Ausland wird bei vergleichbaren Veranstaltungen, zum Beispiel dem Internationalen Trainerkongress in Deutschland, mehr auf Professionalität ge­achtet. Einerseits werden die Vorträge der Referenten in PDFs und Videos im einheitlichen Design dokumentiert (siehe hier), andererseits werden die Re­fera­te von unterschiedlichen Spezialisten (Sportpsychologen, Tormanntrainer und Medienberater) genutzt, um aktuelle Forschungsstände darzulegen. Beim Kongress in Maria Enzersdorf waren ein Drittel der Re­­ferate Erfahrungsberichte von Trainern. (red; derStandard.at, 23.1.2012)

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