The Saints are leaving and the Packers are marching out. San Francisco empängt im NFC Conference Final die New York Giants.

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Der Tight End als Primärwaffe. New Englands' Aaron Hernandez (81) und Rob Gronkowski sind im Duett derzeit nicht zu stoppen.

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Die Phrasensau grunzt zufrieden, behielt sie doch erneut Recht. Während die Pausenpackers aus Green Bay gegen die New York Giants sang- und klanglos die Segel strichen, scheiterten die Heiligen aus New Orleans wenigstens mit Stil am neuen Mr. Smith.

Es war eigentlich alles angerichtet für Green Bay im Divisonal Playoff. Eine Bye Week zum Beine ausschütteln, eine zweite für Schlüsselspieler, um ganz sicher superlocker zu werden. Die Pausen sollten alleine schon für ein New Yorker Team reichen, welches im Grunddurchgang sieben Spiele verlor. Darunter finden sich auch merkwürdige Niederlagen gegen Washington (2) und Seattle, beide Teams viel, aber bei weitem nicht die Spitze der NFL repräsentieren. Die Giants nahmen allerdings drei sehr feine Siege (@NY Jets, Dallas und Atlanta) mit aufs Lambeau Field und waren damit nicht ganz so sehr der Außenseiter. Und eine gute Erinnerung hatte man auch noch an die Käseköpfe im Hinterkopf: 2007 eliminierte man sie an selber Stelle aus den Playoffs. Damals war es das Conference Final.

Was Green Bay dann in diesem Divisional zeigte, war, abgesehen von der Niederlage gegen Kansas City, wo es „nur" mehr um eine Perfect Season ging, ihre schwächste Leistung seit vielen Monden. Drops (8) und Turnovers (4) in Serie, eine weitgehend fehleranfällige Offensive und die dazu schon bekannt durchlässige Defense. Tat den Packers die Pause offensichtlich schon nicht gut, traf Offensive Coordinator Joe Philbin mitten in der Vorbereitung dann auch noch ein schwerer Schicksalsschlag, als sein Sohn Michael 21-jährig tragisch ums Leben kam.

Stellvertretend für das ganze Spiel: Ein Hail Mary-Pass von Eli Manning bei auslaufender Uhr im zweiten Quarter, wo sich Green Bays Verteidiger brav hinter Hakeem Nicks aufstellten, damit dieser auch den Touchdown fangen kann. Den Giants ging fast alles auf. Die weiteren Versuche des nun bereits vorzeitig entthronten Champions, zurück ins Spiel zu finden, die waren von einer fast lächerlichen Fantasielosigkeit getragen. Dabei hatte es die Referee Crew mit den Packers gar nicht schlecht gemeint, denn über ein Fumble von Ryan Grant sah der Whitecap in der Review Booth freundlich hinweg. Es hätte also durchaus noch schlimmer kommen können. Die New Yorker kamen aber nie mehr in die Gefahr, dieses Spiel zu verlieren und zogen auch in der Höhe verdient mit 37:20 ins Conference Final ein.

I Got 49 Problems, But A Saint Ain't One

In diesem CF gastieren die „G-Men" am Sonntag (00:30; PULS 4/ESPN America) bei den San Francisco 49ers, die sich in einem Thriller gegen die New Orleans Saints durchsetzen konnten. Durchaus auch eine kleine Überraschung, vor allem, wie dann alles passierte. Das Turnover-Laufband der Niners lief wie schon die gesamte Saison auch in dem Spiel wie geschmiert im Akkord. Fünf Mal musste sich der Gegner fragen: Who dat? Das alleine hätte aber noch nicht gereicht, denn die Gäste aus Louisiana erzielten über Drew Brees trotzdem 435 Yards durch die Luft und in Summe 32 Punkte. Hätte man vor dem Spiel gesagt, die Saints machen vier Touchdowns, ein Fieldgoal und eine 2-Point-Converison, keinen Cent hätte ich auf Rotgold gesetzt. Lediglich drei Mal konnten die Niners in der Saison zuvor 33 oder mehr Punkte selbst erzielen. Gegen Seattle, Tampa und St. Louis. Zieht man die Siege gegen die Regungslosen ab, dann brachten die Kalifornier gerade Mal 17 und ein halbes Pünktchen pro Spiel aufs Board und zogen sich wegen dieser ineffizienten Offensive auch Niederlagen gegen die Non-Playoffteams aus Dallas und Arizona zu. Es musste also dieses Mal die Offense (auch) ran.

Und als der Aufruf kam: „Smith, Alex, zwei Touchdowns bitte!", da hielt der 27-Jährige, der von vielen schon als Versager abgestempelt wurde, plötzlich mit Drew Brees im letzten Viertel Schritt. Die Chronologie: Touchdown Saints; Brees auf Sproles und die erste Führung (24:23) für New Orleans vier Minuten und elf Sekunden vor Schluss. Keine zwei Minuten danach lief Smith selbst über 28 Yards zum 29:23, Frank Gore scheiterte mit einer 2-Point-Conversion. Weitere 30 Sekunden später fing Jimmy Graham einen Brees-Pass und trug ihn in die Niners Endzone. Die 2-Point-Conversion von Sproles saß zum 32:29 aus Sicht der Saints. Das sollte doch langen? Tat es nicht. Das wirklich erstaunliche und durchaus auch Respekt einflößende im letzten Drive der 49ers war, dass sie es vordergründig nicht auf ein Fieldgoal und damit eine Overtime abgesehen hatten, sondern auf den Sieg spielten. Die sieben Plays waren sechs Pässe und ein Spike (vor dem Touchdown). Der Abschluss von Smith auf Tight End Vernon Davis zum 36:32 war dann aus der Abteilung Zuckerwatte und Reißnägel. Er ließ die Fans San Franciscos' in den neunundvierzigsten Himmel wandern und den Saints nach Kickoff nur noch neun Sekunden auf der Uhr. Das war dann selbst für Brees & Co zu wenig. Eines der besten Spiele der Saison wurde von einem Tight End entschieden und beendet. Und das ist kein Zufall.

Gronko überfährt Bronco

Tight Ends waren über längere Zeit keine ausgesuchten Offensivwaffen mehr. Ausnahmen wie Antonio Gates (San Diego), Jason Witten (Dallas), Dallas Clark (Indianapolis) und Tony Gonzales (damals bei Kansas City) bestätigten die Regel, die da lautete: Blocken, blocken, blocken. Aus dieser Versenkung heraus neu definiert haben die Position die New England Patriots, die mit Aaron Hernandez und vor allem Rob Gronkowski zwei Tight Ends entwickelt haben, die in erster Linie Punkte erzielen sollen. Ein klarer Trend. Jimmy Graham (NO, #4), Brandon Pettigrew (DET, #8) und Gronkowski (#5) gehören den Top 10-Receivern der NFL nach Receptions an, Graham und Gronkowski auch nach Yards und nach Touchdowns ist Gronkowski (17) überhaupt der effektivste Receiver der Liga noch vor Calvin Johnson (DET, 16). 14 Tight Ends sind unter den Top 50 Anspielstationen zu finden. 2010 waren es noch zehn, 2008 neun, 2007 acht, 2004 sieben und vor zehn Jahren (2001) waren es ganze vier, die es in die Top 50 schafften. Der beste davon war damals Tony Gonzales auf Platz #22.

Die volle Ladung Gronkowski bekamen die Denver Broncos ab. Zehn Pässe, davon drei der insgesamt sechs Brady-Touchdowns (geteilter Playoff-Rekord mit Steve Young und Daryle Lamonica) fing der erst 22-Jährige, während Kollege Hernandez sich als Leading Rusher (!) betätigte, als die Patriots den Broncos ihre Grenzen aufzeigten. „Tebowmagic" kam zu einem raschen Ende, bzw. gar nicht mehr vor, denn schon zur Pause war die Messe zu Neuengland für alle Beteiligten gelesen. Tebow darf nun in der Offseason „Quarterback" üben und die Broncos dann eine Entscheidung treffen, wie sie weiter tun. Was haben sie aus der Saison gelernt? Die Antwort wird sehr spannend.

Zur Tebow-Debatte, die hier öfter aufflammt, drängen sich bei mir (als bekennender Atheist) immer Fragen auf, da er regelmäßig als religiöser Fundamentalist bezeichnet wird. Vielleicht kann man mir die beantworten. Wo genau unterscheidet sich seine Haltung von der ganz offiziellen seiner Kirche? Tritt die seit neuestem für das Recht auf Abtreibung ein? Und wenn man Vergleiche zieht mit Radikalen: In welchen Interviews rief er zur Ermordung Andersgläubiger auf? Ich weiß, hier geht vielen auf die Nerven (mir auch), dass er dauernd einen Bibelspruch im Gesicht oder auf den Lippen trägt; als radikaler oder gar gefährlicher Geisterfahrer wäre er mir alleine deshalb tatsächlich noch nicht aufgefallen. Da findet man doch sogar hierzulande viel passendere Beispiele. Oder fehlt es da gar an Selbstreflexion und es ist nur Teil eines ganz allgemeinen USA-Bashings? Dann verstehe ich es. Bin ja auch allwissender Europäer.

Keiner sagt Flacco!

Bevor die Baltimore-Fans Österreichs fluchen, dass schon wieder nichts über Edgar, Allen & Poe hier steht, komme ich natürlich noch zum letzten Spiel. Nicht nur die Fans hier, auch Ravens Quarterback Joe Flacco leidet ja unter einem Aufmerksamkeitsdefizit. Er (Flacco) beschwerte sich letzthin darüber, dass keiner über ihn was sagt. Dabei redet sogar Ray Lewis lieber über die Stärken der gegnerischen Offense, schwärmte z.B. über Arian Foster, da dem Super Bowl MVP von 2001 wohl sein eigener Spielmacher als Gesprächsthema zu langweilig erscheint. Ein schlimmes Schicksal, aber ebenso gerecht.

Ich sah das Spiel der Ravens gegen die Texans im Ticker der NFL und ging bei 17:13, Ballbesitz Ravens, „(Punt formation) 4-S.Koch punts..." in die Maske, kam 20 Minuten später zurück, sah auf den Monitor und es stand 17:13, Ballbesitz Ravens, „(Punt formation) 4-S.Koch punts.." und bat Bojan um einen Browser Refresh, ohne zu wissen, dass das Bild nur alt aussah, tatsächlich aber brandaktuell war. Und da frage ich jetzt alle Ravens-Liebhaber schon: Was soll man über ein Team schreiben, dessen Punter doppelt so viele Yards in die Luft nagelt, wie die Offense aufs Feld bringt? Etwas über ihre Defense, die Special Teams, schon klar. Dann heult allerdings der QB wieder. Nur Offense gibt es derzeit deflacco kaum eine. Tom Bradys' Passer Rating gegen Denver (137,6) und Joe Flaccos' Passing Yards gegen Houston (140) sind Zahlen, die sich ähneln (sic!). Als Zugabe war Herr Koch (neun Punts!) dann auch für das Endergebnis mitverantwortlich, weil er mit Jacoby Jones auf der Gegenseite einen kongenialen „Mitspieler" fand. Eine Divisional-Vorschau der NFL zeigte als Titelbild Brady, Foster, Rodgers und den mittlerweile 36-jährigen Ray Lewis. Wir wissen somit, was los ist. Sollte Ray Lewis nach der Saison aufhören, zeigt man uns dann das Ravens Logo - quasi als Symbolfoto? Oder dann doch Joe, die Rotzbremse?

Wie auch immer bog die Ravens D und das Special Team auch die von einem Rookie angeführten Texans im eigenen Stadion mit einem Score Vorsprung und Baltimore steht zurecht im Conference Final. New England ist als nächstes an der Reihe (SO ab 20:15 auf PULS 4, Kickoff 21:00 auch auf ESPN America). Hier gibt es für Baltimore schöne Erinnerungen an die Saison 2009. 33:14 räumte man die anno dazumal völlig indisponierten Patriots vor den Augen ihrer eigenen Fans aus dem Weg, um dann im Divisional gegen die Colts allerdings nur mehr ein Fieldgoal zu erzielen. Es war mit Sicherheit der schönste Sieg der Ravens über New England, denn es war gleichzeitig ihr bisher auch einziger in der Geschichte des Footballs. Und fragt man mich, wird es dabei auch bleiben. Es gibt aus meiner Sicht nur eine Möglichkeit für Baltimore, um ins Endspiel zu kommen: Flacco muss den „Smith-Step" machen, die Offense mit ihm. Ich traue das dieser Mannschaft nur nicht zu, täusche mich aber immer gerne, denn ich traute es auch San Francisco nicht zu. Die alten Herren aus der Defensive werden Brady, Gronkowski & Co am Sonntag nicht mehr unter 30 Punkte halten können und Edelman wird ihnen auch nicht den Jones machen. Score or die.

Unfinished Business

Wie jedes Jahr wird die NFL zu dieser Zeit auch für Medien interessant, die sich ansonsten nicht so sehr mit dem Sport auseinandersetzen. Da wird es dann manchmal auch unfreiwillig komisch. NEWS widmete sich dem Thema „Tebowing", welches ein gewisser Jim Tebow erfand, der sein Team ins NHL-Viertelfinale führte, der Stern verkündet dazu passend ein reines Giants-Duell im Halbfinale. Der Starting Pitcher steht aber noch nicht fest.

Da ist also noch viel Arbeit zu tun und nachdem der AFBÖ sich ja einen Media Manager leistet, sollte man dem mal Beine machen, um solche Ausrutscher zu minimieren. (derStandard.at 17.1. 2012)

Späte Updates:
Nachdem dieser Blogeintrag fertig war, kamen noch zwei Eilmeldugen rein. Mike Martz, zuletzt Offense Coordinator der Chicago Bears und mitverantwortlich für "The greatest show on turf" mit den St. Louis Rams, kündigte an, dass er keine Coaching Position in der NFL mehr übernehmen wird. Und die Indianapolis Colts entließen nach ihrer 2-14 Saison nach den Polians nun auch Headcoach Jim Caldwell.


DIVISIONAL PLAYOFFS

Baltimore Ravens vs. Houston Texans 20:13
(17:3/0:10/0:0/3:0)
New England Patriots vs. Denver Broncos 45:10
(14:0/21:7/7:3/3:0)
San Francisco 49ers vs. New Orleans Saints 36:32
(14:0/3:14/3:0/16:18)
Green Bay Packers vs. New York Giants 20:37
(3:10/7:10/3:0/7:17)

CONFERENCE FINALS

22.1. Kickoff 21:00 PULS 4/ESPN America
New England Patriots vs. Baltimore Ravens
22.1. Kickoff 00:30 PULS 4/ESPN America*
San Francisco 49ers vs. New York Giants

*Sonntag 00:30 im TV-Programm ist kalendarisch Montag halb ein Uhr morgens.