Taipeh/Peking - Mit rund 52 Prozent der Stimmen ist Taiwans Präsident Ma Ying-jeou (61) am Samstag überraschend deutlich wiedergewählt worden. Weniger als vier Stunden nach Schließung der Wahllokale verkündete die regierende Kuomintang-Partei in Taipeh den Erfolg, der auch als Bestätigung von Mas Annäherungspolitik zu China gewertet werden konnte.

"Es liegt viel Arbeit vor uns", sagte Ma Ying-jeou in einer Siegesrede vor seinen jubelnden Anhängern. Er rief zur Aussöhnung mit der Opposition auf, deren Kandidatin Tsai Ing-wen von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) mit rund 45 Prozent der Stimmen klar unterlegen war. Der Vorsprung des Präsidenten betrug 700.000 Stimmen, bei 18 Millionen Wahlberechtigten - deutlich mehr als von der Regierungspartei selbst erwartet. Die Wahlbeteiligung, die in Taiwan traditionell hoch ist, lag bei rund 80 Prozent.

China begrüßte die Wiederwahl Mas. Sein Sieg biete "neue Möglichkeiten" für den Ausbau der Beziehungen zwischen beiden Seiten, hieß es am Sonntag in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Mit gemeinsamen Bemühungen, das gegenseitige Vertrauen zu stärken, werde es "weitere Fortschritte" im Dialog, Austausch und in der Kooperation zwischen China und Taiwan geben. Der Kommentar warnte aber auch davor, dass die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan die Beziehungen auch in Zukunft weiter belasten könnten. Tsai Ing-wen steht Mas Annäherungspolitik kritisch gegenüber. Peking betrachtet Taiwan bis heute als festen Bestandteil Chinas, obwohl die beiden Länder seit dem Jahr 1949 getrennt regiert werden.

EU-Außenministerin Catherine Ashton zeigte sich nach der Wahl zufrieden und rief zu einer weiteren Verbesserung der Beziehungen zwischen Taiwan und China auf. Die US-Regierung gratulierte Ma zum Wahlsieg. Taiwan habe sich in den vergangenen Jahrzehnten zu "einer der großen Erfolgsgeschichten in Asien" entwickelt, erklärte das Weiße Haus. (dpa, AFP, DER STANDARD-Printausgabe, 16.01.2012)