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Der Freitag der 13. machte in gewisser Weise seinem Ruf alle Ehre: Österreich verliert sein AAA. Die Göttin der Weisheit vor dem Wiener Parlament scheint ratlos.

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Wer ist Schuld an der Misere - so sie eine ist? Da ist man sich hierzulande nicht ganz einig. Die anderen (Ungarn, Italien) aber schon einmal ganz sicher...

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Frankfurt – Am Freitag abend war es soweit: Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) holt zu ihrem vor Jahresende angekündigten Rundumschlag aus: Neun Euroländer wurden herabgestuft. Wie Frankreich wird Österreich nur mehr mit der zweitbesten Note AA+ geführt. Deutschland behielt indes sein Spitzenrating "AAA" (siehe dazu: S&P stuft neben Österreich weitere Euroländer ab). Während man in großen Frankreich die Sache im Großen und Ganzen eher gelassen sieht (siehe auch: Frankreich ohne Top-Bonität), bricht hierzulande hektische Betriebsamkeit aus.

Noch am Freitagabend begann die Diskussion über Schuld und Nachvollziehbarkeit der Aktion. Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny betonte in der "ZIB 2", S&P sei "sehr viel aggressiver und sehr viel politischer" als die anderen beiden Agenturen Moody's und Fitch, bei denen Österreich noch mit der Bestnote geführt wird. Auch würden die Märkte in der Regel erst dann reagieren, wenn zwei Agenturen die Bewertung verschlechtern.

Standard & Poor's verteidigt Abstufung

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hat die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der Euro-Staaten verteidigt. Die von Europas Politikern unternommenen Anstrengungen in der Schuldenkrise könnten sich "als unzureichend erweisen, die anhaltenden systemischen Spannungen zu bekämpfen", sagte der Leiter der S&P-Abteilung für die Bewertung von europäischen Staatsanleihen, Moritz Kraemer, am Samstag in einer Telefonkonferenz.

Regierungsspitze bestreitet Uneinigkeit bei Sparbedarf

Nach der Herabstufung Österreichs durch die Ratingagentur Standard & Poor's haben die Regierungsteams von SPÖ und ÖVP am Sonntag Einigkeit zu demonstrieren versucht. Es gebe keinen Konflikt oder Dissens, betonte ein Sprecher von Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) und dementierte damit einen Bericht der Tageszeitung "Österreich" über Uneinigkeit. Zur Untermauerung wurde auf ein gemeinsames Treffen mit Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vertretern von Nationalbank und Finanzmarktaufsicht am Montag verwiesen.

In "Österreich" hatte Faymann bekräftigt, dass die Einsparungen im kommenden Jahr weiter zwei Mrd. Euro ausmachen sollten. Spindelegger meinte dagegen, dass der Sparbedarf keine politische Entscheidung sei, sondern sich aus den Zahlen des Finanzministeriums ergebe. Höhere Zinsen würden den Sparbedarf erhöhen. "Wenn wir zwei Milliarden zusätzliche Zinsen zahlen müssten, müssten wir vier Milliarden einsparen." Viel zurückhaltender zeigte sich Spindelegger in der "Kleinen Zeitung", wo er an die beste Bonität Österreichs bei zwei der drei Ratingagenturen erinnerte. "Ich erwarte daher nicht, dass wir unsere Pläne grundlegend überarbeiten müssen."

Sprecher beider Seiten versuchten am Sonntag dann auch, Interpretationen in Richtung Uneinigkeit vom Tisch zu wischen. Als Beleg wurde auf den "Bankengipfel" am Montagnachmittag im Bundeskanzleramt genannt. Faymann, Spindelegger sowie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) setzen sich dabei mit Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny und den Finanzmarktaufsicht-Chefs Helmut Ettl und Kurt Pribil zusammen. Es soll analysiert werden, was bezüglich der stark in Osteuropa engagierten Banken geschehen soll. Auch weitere interne Beratungen zu AAA-Verlust und Budgetkonsolidierung seien vorgesehen, hieß es.

Für Faymann und Spindelegger "unverständlich"

Dass Österreich von der Herabstufung betroffen sein könnte, hatte sich bereits gegen Jahresende abgezeichnet. Zeigte man sich damals in der heimischen Politik eher gelassen, zeigte sich die politische Riege am Samstag allerdings eher konsterniert. Faymann und Spindelegger bezeichneten die Entscheidung als unverständlich. Die Regierungsspitze verweist überdies auf die - zumindest mit einfacher Mehrheit – bereits beschlossene "Schuldenbremse" und die intensiven Gespräche über zusätzliche Haushaltskonsolidierung für die Jahre 2012 bis 2016.

Michael Spindelegger sagte im Ö1-Morgenjournal-Interview, es sei unverständlich, wenn wenige Tage zuvor eine andere amerikanische Ratingagentur das Gegenteil behauptet habe und das Triple-A für Österreich bestätigt habe. Aber im Grunde gehe es jetzt für Österreich darum zu handeln. Und zwar so, dass jetzt das geplante Sparpaket rasch durchgezogen wird. Es gehe um die Themen Pensionen, Gesundheitsausgaben und generell darum, die Schuldenbremse mit Leben zu erfüllen, sagt der ÖVP-Chef Spindelegger. In der "ZIB 1" am Samstag abend ergänzte er auf die Frage, ob das Sparpaket ausreichen würde die Kluft, die nun zu schließen sei, könne noch größer sein.

Bundespräsident Heinz Fischer kann der Sache am Ende noch einen positiven Aspekt abringen: Für Österreich könnte dies ein Ansporn für die Bemühungen sein, die Kreditwürdigkeit des Landes zu festigen. Es brauche ein "gutes, wirksames Sparpaket". Man dürfe keine Zeit verlieren, sagte er in der Ö1-Radioreihe "Im Journal zu Gast".

Leitl: "Es brennt der Hut"

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl wertet die Herabstufung als Schuss vor den Bug Österreichs. "Es brennt der Hut", sagte er am Samstag und pochte auf rasche ausgabenseitige Reformen. Ob die Schuldenbremse doch noch in die Verfassung kommt, ist für Leitl in diesem Zusammenhang "völlig zweitrangig". Dies werde niemanden wahnsinnig beeindrucken, meinte er.

Faymann: "Falsch", Fekter: "Schlechte Nachricht"

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) nennt die Abstufung eine "Gelbe Karte", schlechte Nachricht" und "falsch und unverständlich", räumt aber auch Versäumnisse ein. Das Damoklesschwert Schulden sei bis in den Herbst hinein zu wenig beachtet worden. "Es ist eine von drei Ratingagenturen", versucht Bundeskanzler Faymann zu beruhigen. Österreich habe mit der Schuldenbremse und dem Konsolidierungskurs "den richtigen Kurs eingeleitet", sagt er im Ö1-Mittagsjournal.

Maria Fekter glaubt indes unverzagt, dass österreichische Staatspapiere nach wie vor von den Investoren "gut aufgenommen werden."

Warnung auf Ökonomen-Seite

Für IHS-Chef Bernhard Felderer ist die Herabstufung keine Überraschung. Für ihne hätte im vergangenen November "einiges einsetzen müssen". Hingegen habe es kräftige Lohnerhöhungen für Beamte gegeben, kritisierte der IHS-Chef. Ein Problem-Bewusstsein sei "überhaupt nicht vorhanden". Die Herabstufung sei "ein Signal" und habe vielleicht "etwas positives". "Besonders bedrohlich" sei der negative Ausblick des AA+-Ratings. Damit droht Österreich eine weitere Herabstufung. "Im nächsten halben Jahr könnte es noch einmal nach unten gehen". Der Triple-A-Verlust sei aber zum Teil in den Zinsen für österreichische Staatsanleihen bereits eingepreist, so Felderer. Der Spread (Zinsabstand) zu deutschen Staatspapieren liegt derzeit bei 1,4 Prozent.

Wifo-Chef Karl Aiginger geht mit Österreich etwas pfleglicher um und glaubt nicht, dass die Herabstufung im Verhältnis zu den anderen Ländern den Realitäten entspricht. Österreich habe "eine hochaktive Leistungsbilanz". Außerdem seien die Ost-Beziehungen, die so kritisch gesehen würden, eigentlich eine Erfolgsgeschichte, sagte Aiginger am Samstag im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radios. Österreich müsse aber nun die begonnen Reformen forcieren. In der EU seien die Reformen nicht schnell genug umgesetzt worden. Die Herabstufungen seien "ein berechtigter Warnschuss". (APA/rb, derStandard.at, 14.1.2012)