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Das Gebäude in Den Haag, in dem der Internationale Strafgerichtshof untergebracht ist.

Foto: EPA/ANP/Robin Utrecht
"Ich schwöre feierlich, dass ich meine Pflichten und Befugnisse als Richter des Internationalen Strafgerichtshofs nach Ehr' und Gewissen verlässlich, unparteiisch und gewissenhaft erfülle werde" - diesen Eid schworen die 18 Richter des Internationale Strafgerichtshof (ICC) bei ihrer Amtseinführung Mitte März in Den Haag. Allein: Der Eid und die äußerst eingeschränkte Kompetenzen - der Gerichtshof ist für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zuständig - überzeugen Russland, China und vor allem die USA nicht.

Schon 1998 stimmten die USA in Rom gegen das Statut des Gerichtshofes, das inzwischen 139 Staaten unterzeichnet haben. Washington fürchtet um seine Souveränität und mobilisiert seither hartnäckig gegen den ICC. Dafür wurden zuletzt sogar schwere diplomatische Geschütze aufgefahren: Erst vergangene Woche drohten die USA den EU-Mitgliedstaaten in einer geheimen Note mehr oder weniger unverhohlen mit erneuter transatlantischer Funkstille, sollten sie nicht ihre offensive Unterstützung für den ICC aufgeben.

Der Wink mit dem Zaunpfahl zeigte Wirkung: Der Weltsicherheitsrat die Immunität amerikanischer Soldaten bei UN-Operationen um ein Jahr verlängert. Deutschland, Frankreich und Syrien enthielten sich der Stimme. Die zwölf anderen Mitglieder des Rates stimmten der international umstrittenen Regelung zu. Die im vergangenen Jahr einstimmig verabschiedete Regelung sieht für alle Mitglieder von UN-Missionen Immunität vor, deren Länder dem IStGH nicht beigetreten sind.

Ein positiver Ausgang für die USA galt bereits zuvor als nahezu sicher, obwohl die Europäer sich zuvor coram publico gegen jegliche Erpressungsversuche verwehrt hatten. Die Sicherheitsratsmitglieder Frankreich und Deutschland konnten sich nicht zu einem "Nein" durchringen. Und ihre angekündigte Stimmenthaltung ist bestenfalls ein knieweicher symbolischer Protest gegen die harte Haltung Washingtons in Sachen ICC.

Mit Waffengewalt

Hart sind die USA auch auf einem anderen Feld, wenn es gegen den Strafgerichtshof geht: Seit dessen Statut 2002 mit der Ratifikation durch 60 Staaten (inzwischen sind es rund 90 Länder) in Kraft getreten ist, hat der US-Kongress nicht nur einen "Servicemen Protection Act" erlassen, der den amerikanischen Präsidenten ermächtigt, US-Soldaten notfalls auch mit Waffengewalt aus dem Gewahrsam des ICC zu befreien. Die USA schließen seither auch auf nicht eben zimperliche Weise bilaterale Abkommen mit Staaten ab, die ihrerseits garantieren, US-Bürger nicht an Den Haag auszuliefern.

Inzwischen haben 38 Staaten solche Verträge unterzeichnet, zumindest einige davon nach Einschätzung des Europarates unter massiven Druck: Bosnien, das Mitte Mai unterschrieb, etwa oder Albanien und Rumänien sei mit massiver Kürzung von Finanzmittel gedroht worden. Ähnliches werde bei Kroatien, Serbien und Slowenien versucht. Belgrad wie Zagreb sträuben sich noch vehement gegen ein solches Abkommen, Ljubljana hat den Amerikanern inzwischen einen Korb gegeben und auf vier Millionen Dollar Militärhilfe verzichtet. Peter Schieder, der Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, erklärte, die USA versuchten gezielt die Arbeit des ICC "zu unterminieren und zu ruinieren". International sei "die Herrschaft des Rechts gefährdet".

Die Arbeit des Strafgerichtshofes behindern die Aktionen der Amerikaner allemal. Der erst Chefankläger des ICC, der Argentinier Luis Moreno Ocampo, hat bereits Dutzende von Fällen auf seinem Schreibtisch. Der prominenteste davon betrifft ausgerechnet den venezuelanischen Präsidenten und ausgewiesenen USA-Hasser Hugo Chávez. Der ICC soll seine Rolle beim Putschversuch in Caracas 2002 prüfen.(Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 13.6.2003/APA/dpa/Reuters)