Michael Frank führte Abwehrkämpfe gegen Verhaberung.

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Wien - "Korrespondent gegen Österreich" nannte ihn einst die "Krone". Michael Frank war diese Beschreibung eine Auszeichnung: nicht mehr, nicht weniger und genau richtig, um den Satz auf ein T-Shirt drucken zu lassen.

Dieses trug der langjährige Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung" in Wien beim Abschiedsinterview im STANDARD mit Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid und Susanne Glass, ARD-Korrespondentin in Wien, auf Einladung des Presseclubs Concordia und des Verbands der Auslandspresse. "Der höchste Ehrentitel, den ich in dieser Republik erringen konnte", sagte Frank schmunzelnd.

Nach 42-jähriger journalistischer Laufbahn und 25 Jahren als Auslandskorrespondent verlässt der 65-Jährige Ende des Monats Österreich. Als Journalist war für ihn Distanz wichtig: "Der Korrespondent darf sich in den Ländern, über die er berichtet, nicht beheimaten, weil er den Blick auf das Exotische verliert." Exotik? In Österreich? Frank: "Der Duft der Kultur ist das Interessante." Oder, bodenständiger: "Was glaubt ihr, wieso euch so viele im Urlaub besuchen? "

Ebendiese Distanz zu wahren sei nicht immer leicht gewesen. Als politischen Menschen hätten ihn mehrmals "Wut" und "Trauer" über "die Konstrukte dieses Landes" gepackt, erzählte Frank. Unerfahren sei er 1986 in die Waldheim-Affäre gestolpert. Staunend erlebte er eine Debatte über Formen, nie über Inhalte: "Ständiges Schwanken zwischen totaler Verzagtheit und Größenwahn."

Das Wien-Büro der "SZ" verließ Frank für sieben Jahre, als er von Prag aus berichtetete. Auf die Frage, wie sich Österreich in dieser Zeit verändert habe, überrascht der kritische Zeitungsmann: "Österreich hat einen unglaublichen Selbstbewusstseinsschub gemacht." Entscheidend war der EU-Beitritt: "An die EU konnte man sich ohne chauvinistisches Gehabe anlehnen."

"Unverfrorenheit", wie sie in Deutschland "nahezu unmöglich" sei, beobachtet er heute, etwa bei parteipolitisch beeinflussten ORF-Postenvergaben. Wie sich der Kanzler raushalte, sei "ausgschamt". Für nicht minder fragwürdig hält er die Verhaberung zwischen Politikern und Journalisten: "Gegen das Du-Wort habe ich einen regelrechten Abwehrkampf geführt." Die schlimmste Form der Korruption im Journalismus seien Vertraulichkeiten.

Er gehe als "höflicherer Mensch", sagte Frank, wobei es mit der Höflichkeit wiederum eine eigene Bewandtnis habe: Sie trete hierzulande "in viele Facetten" auf, beinhalte auch "unglaubliche Scheißfreundlichkeit", auf der man allzu gern "ausgleitet". (prie, DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2012)