Foto: Photodisc
Nach 30 Jahren vergeblicher Bemühungen um eine europäische Regelung zur Besteuerung von Kapitaleinkünften ist die entsprechende EU-Richtlinie nun vom Finanzministerrat verabschiedet worden. Dabei ist es Luxemburg, Belgien und Österreich gelungen, ihre Wahlfreiheit zwischen Informationsaustausch oder Quellensteuer faktisch durchzusetzen.

Gemäß der EU-Richtlinie werden zwölf Staaten ab dem 1. Jänner 2005 ein System des automatischen Informationsaustauschs über Zinserträge von Einwohnern aus anderen EU-Ländern einführen. Luxemburg, Österreich und Belgien werden ab diesem Zeitpunkt auf ausländische Zinsen eine Quellensteuer von 15 Prozent erheben, wobei der Satz 2008 auf 20 und 2011 auf 35 Prozent steigt.

Identität geheim halten

Mit dieser Steuer ist es möglich, die Identität des Sparers geheim zu halten. Österreich müsste sein Bankgeheimnis nur lockern, falls die Schweiz den Bestimmungen der OECD zum Zugang zur Bankinformation für steuerliche Zwecke zustimmt. Der Druck von EU, OECD und USA auf Bern ist groß, wenngleich die Schweizer versuchen, sich zu widersetzen.

Doch könnte österreichischen Anlegern andere Unbill drohen: Experten weisen darauf hin, dass Österreich möglicherweise die Kapitalertragsteuer (KESt) von 25 auf 35 Prozent erhöhen muss, weil es dem EU-Gleichheitsgrundsatz widerspräche, wenn dann Ausländer 35 Prozent KESt, Inländer aber nur 25 Prozent berappen müssten.

Die EU-Richtlinie enthält keine Nichtdiskriminierungsklausel. Sie enthält aber einen Passus, wonach die Abzugsteuer zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung angerechnet werden muss oder auf Antrag wieder erstattet werden muss.

Hohe rechtliche Hürden

Eine Anhebung des Steuersatzes würde in Österreich auf hohe rechtliche Hürden stoßen: Schließlich normiert das Endbesteuerungsgesetz, dass der Satz der KESt nur die Hälfte des Höchststeuersatzes betragen darf - also 25 Prozent. Dies steht wie das Bankgeheimnis im Verfassungsrang.

Bei genauerer Betrachtung stellt sich freilich heraus, dass EU-Recht keine Steuererhöhung verlangt: Eine gewisse unterschiedliche steuerliche Behandlung nach dem Prinzip der Ansässigkeit ist dem Grunde nach von der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs gedeckt.

Nach dessen ständiger Rechtsprechung ist es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, dass Nichtansässige und Ansässige hinsichtlich der steuerlichen Belastung differenziert betrachtet werden. Der Nichtansässige erzielt nur einen Teil seines Einkommens im Bestimmungsland seiner Investition. Steuerliche Begünstigungen wie Absetzbeträge gelten nicht für beide.

Positive Diskriminierung

Es ist auch kein Problem damit zu erwarten, dass etwa ein italienischer Anleger ab 2005 in Österreich zunächst eine Abzugsteuer von 15 Prozent zahlt, ein Österreicher aber 25 Prozent. Der italienische Steuerpflichtige kann sein Konto in Österreich öffnen und in Italien versteuern. Eine positive Diskriminierung (Besserstellung des Ausländers) ist nach EU-Recht ohnehin möglich - wenn auch nicht nach österreichischer Verfassungsjudikatur.

Die abschreckende Wirkung der Steuer auf ausländische Anleger wird sich im Übrigen in Grenzen halten: Die Steuerbelastung insgesamt ist durch die Hinzurechnung von Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer in vielen EU-Staaten wesentlich höher als 35 Prozent. Zudem entziehen Anleger ihre Gelder dem heimischen Fiskus eher, weil sie sich um die steuerliche Behandlung der dem Zinsertrag zugrunde liegenden Vermögensbestände sorgen.