Wien/Hamburg - Der deutsche UNO-Waffeninspektor Peter Franck hat die von den USA vorgelegten "Beweise" für irakische Massenvernichtungswaffen als "großen Bluff" bezeichnet. Als US-Außenminister Colin Powell am 5. Februar im UNO-Sicherheitsrat seinen großen Auftritt hatte, habe er gedacht: "Okay, jetzt kommen die Amis mit all dem Zeug, das sie uns immer vorenthalten haben. Jetzt präsentieren sie den großen Knall. Aber beim Zuschauen war schnell klar, dass es alles ein großer Bluff war, dass sie nichts hatten", erklärte Franck in einem Interview mit "Spiegel Online".

Beispielsweise, so Franck, seien zwischen den Aufnahmen der Satellitenbilder, mit denen Powell beweisen wollte, dass die Iraker an einem Ort unmittelbar vor dem Eintreffen der Inspektoren geheime Dinge zur Seite geschafft hätten, in Wahrheit mehrere Wochen gelegen. "Was Powell sagte, hat schlichtweg nicht gestimmt", so der Waffeninspektor.

Satellitenbilder

Dass die amerikanische Regierung allen Ankündigungen zum Trotz bis heute keine Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden habe, wundere ihn "überhaupt nicht", meinte Franck. "Warum sollten sie erfolgreicher sein als wir? Die UNO-Spezialisten gehörten zu den Besten, die die Welt zu bieten hat - und wir haben auch nichts gefunden."

Bei den Waffeninspektoren habe sich die Überzeugung durchgesetzt, dass das meiste, was die Amerikaner über den Irak wussten, von Satellitenaufnahmen stammte. "Die haben schlichtweg am Schreibtisch gesessen und Satellitenbilder interpretiert", kritisierte Franck. Die amerikanischen Zahlen zum militärischen Potenzial des Irak seien "meistens falsch, immer zu hoch" gewesen.

Auf die Frage, wie man sich fühle, wenn man als Inspektor so offensichtlich über den Kriegsgrund getäuscht werde, sagte Franck: "(UNO-Chefinspektor Hans) Blix hat intern sehr, sehr deutliche Worte gefunden, die ich an dieser Stelle nicht wiederholen möchte." Und er fügte hinzu: "Weil ich ein höflicher Mensch bin, sage ich: Das war im Grunde alles nur eine Show für das US-Publikum." (APA)