Eine der dümmsten Entscheidungen der unseligen schwarz-blauen Koalition betraf die Klimt-Bilder der Österreichischen Galerie, die im Zuge eines Schiedsgerichtsverfahrens restituiert werden mussten (bzw. durften). Mit einer Budgetsumme im Promillebereich, die sich noch deutlich verringert hätte, wenn die Regierungsmitglieder der damaligen Koalition nicht mit unüberbietbarer Arroganz und Ignoranz aufgetreten wären, hätte man fünf der bedeutendsten Kunstwerke Österreichs, Sinnbilder einer Epoche größter kultureller und intellektueller Hervorbringungen (von Wittgenstein über Schönberg bis Klimt und Freud) in Österreich halten können: Kunstwerke, um die uns die halbe kulturell interessierte Welt beneidet(e). Erschütternd war damals nicht nur die Entscheidung der Regierung, sondern auch die Art, wie sie sie vertrat: Man hatte fast den Eindruck, es herrschte Freude darüber, diese Kunstwerke los zu sein und sich damit von urbaner, vorwiegend jüdisch geprägter Geistigkeit distanzieren zu können. Im Übrigen kam auch von Oppositionsseite kaum Druck, hier einen anderen Weg zu gehen.

Nehmen wir einen Szenenwechsel vor: Lebt man im Ausland, dann merkt man noch deutlicher, wie sehr Österreich neben der grandiosen künstlerischen Vergangenheit (und da und dort auch Gegenwart) Wiens kulturell durch die unzähligen sakralen (Kleinst-)Kunstwerke, wie man sie vor allem im ländlichen Raum findet, geprägt wird. Dieses Land ist tatsächlich ein "Land der Dome" , und die Kirchen, Kapellen, Marterl etc. geben Österreich eine unverwechselbare Note, die da und dort, in Abweichung vom globalen Einheitsbrei, so etwas wie Schönheit erfahrbar macht - dem Gläubigen genauso wie dem Ungläubigen.

Während vor einigen Jahren gewissermaßen aus ländlich-provinzieller "Tumbheit" geborener Hass auf "Wien" zum Exodus der fünf Klimtbilder geführt hat, ist jetzt das Szenario umgekehrt. Städtische Arroganz macht sich über den Gedanken eines "Eh nur" -Bauern lustig, wie die Erhaltung sakraler Kunstwerke und damit vor allem, aber nicht nur, ländlicher Kultur gesichert werden kann. Es ist billig, seine Vorschläge als "unausgegoren" oder "grenzwertig" abzutun, denn neue Ideen haben es eben an sich, dass sie unausgereift sind und manchmal in unpassender Sprache ("Kirchensteuerflüchtlinge" ) formuliert werden. Tatsache ist, dass die Mitglieder der katholischen Kirche allein nicht mehr länger Kirchen und andere sakrale Kunstwerke erhalten können. Erstens, weil ihre Anzahl geringer wird, zweitens, weil das System der Kirchensteuer samt Zwangspfändung evangeliumswidrig und bedingungslos abzuschaffen ist, wenn sich die katholische Kirche in diesem Land nicht gänzlich aufgeben will.

Was aber dann? Ein sinnvoller Weg könnte das derzeitige italienische Modell sein: Dort zahlt jede(r) einen Kulturbeitrag, der entweder direkt dem Staat oder einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft zur Verfügung gestellt werden kann. Mit der Konsequenz im Übrigen, dass es viele Katholiken gibt, die ihren Beitrag gerade nicht der katholischen Kirche zur Verfügung stellen, wie umgekehrt auch viele konfessionell nicht Gebundene ihren Beitrag einer der infrage kommenden Religionsgemeinschaften widmen.

Auf Österreich angewendet, sollte darüber diskutiert werden, ob man nicht den (versteckten) Kulturbeitrag, der im Rahmen der ORF-Gebühr von den Ländern (teilweise) eingehoben wird, erhöht und die Zahler darüber entscheiden lässt, wem sie diesen Beitrag widmen - also direkt der öffentlichen Hand oder einer anerkannten Religionsgemeinschaft zweckgebunden für kulturelle und soziale Maßnahmen; erwägenswert wäre auch, ob man die Möglichkeit einer Zweckwidmung auf NGOs ausweitet.

Im Gegenzug sollten die Kirchen darauf verzichten, den Staat dafür einzusetzen, mittels Bezirksbehörden nachzuspüren, welcher Gesinnung (Religionsgemeinschaft) seine Untertanen angehören. (Kurt Appel, DER STANDARD; Printausgabe, 11.1.2012)