Melanie Hassler forscht an der Med-Uni Wien.

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Die Krebsentstehung und deren epigenetische Mechanismen sind das Forschungsfeld von Melanie Hassler, Doktorandin am Institut für Klinische Pathologie der Med-Uni Wien. Die Epigenetik, ein Spezialgebiet der Biologie, befasst sich mit jenen Prozessen, die das Erbgut - gespeichert in der DNA und in jeder Zelle ident vorliegend -, mit beeinflussen. Auch die Spezialisierung der Zellen in verschiedene Gewebe kommt durch Regulationsmechanismen zustande, welche die Zugänglichkeit der DNA steuern und so bestimmte Abschnitte und Programme in der Zelle einschalten.

"Entwicklungsbiologie ist das Spannendste", findet die Biochemikerin. "Wie kann aus der Verschmelzung von Zellen ein Mensch werden und welche Einflüsse führen dazu, dass sich ein fertig entwickelter Organismus an seine Umwelt anpasst oder krank wird?" Die 28-jährige Kärntnerin hat kürzlich ein Stipendium "For Women in Science" von L'Oréal, der Unesco-Kommission, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Wissenschaftsministerium erhalten. Damit will sie einige Publikationen aus ihrem Projekt erarbeiten und sich anschließend um eine Postdoc-Stelle im Ausland bewerben.

Hassler experimentiert mit verschiedenen Zelllinien und Mäusen, welche die Anlage für ein anaplastisches, großzelliges Lymphom (eine Sorte Blutkrebs in T-Zellen) tragen und als Modell etabliert sind. Sie vergleicht gesunde und kranke T-Zellen auf zwei epigenetische Steuerungsmechanismen: die chemische Stilllegung (Methylierung) der DNA und die Steuerung der Histone. Diese Proteine packen die DNA fest ein oder eben aus, um sie ablesen zu lassen. Beide sind besonders aktiv in wachsenden Zellen, wie bei der Embryonalentwicklung, aber eben auch bei der Tumorentstehung.

Zudem testet Hassler medizinische Wirkstoffe, die DNA-Methylierung oder Histonaktivität gezielt blockieren, an diesem Tumortyp und leitet daraus wichtige Aussagen für die klinische Behandlung ab.

Das Grundstudium Chemie war nach ihrem auf Sprachen ausgerichteten Schulabschluss zäh. Durch diese Zeit trugen sie Vorlesungen in Klassischer Archäologie, die sie nebenbei mitbelegte. "Nach einem harten Tag im Labor sorgten die Nabatäer mit ihrer faszinierenden Felsenstadt Petra für Ausgleich. Es wurde viel besser, als ich mich auf Biochemie mit Wahlfach Molekularbiologie spezialisieren konnte", erzählt sie.

Über die Programme Erasmus und Iaeste hat sie bereits auf dem Campus der University of Warwick gearbeitet und an der Universidade Nova in Lissabon. Mit dem Diplom vom Vienna Biocenter war sie von der Chemie näher an die Biologie gerückt und wollte weiter in Richtung medizinische Forschung. Noch heute ist Hassler dankbar, dass sie eine Freundin am Ärmel zupfte und auf die ausgeschriebene Stelle an der Med-Uni Wien im Schaukasten aufmerksam machte. Seit 2009 arbeitet sie in der Pathologie.

Hassler ist, wie sie selber von sich sagt, ein Familienmensch. Da kommt es ihr sehr entgegen, dass nun auch ihre Schwester in Wien studiert. Lange hat sie Karate (Shudokan) praktiziert, aber das Fitnessstudio hat längere Öffnungszeiten, und so holt sie sich jetzt mit Schwimmen, Turnen und Laufen Bewegungsenergie zurück. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.01.2012)