Wien - Johannes Öhlböck, Rechtsanwalt der beiden Frauen, die mit den Missbrauchsvorwürfen gegen das Kinderheim Wilhelminenberg an die Öffentlichkeit gegangen sind, fordert nun Schadenersatz für seine Mandantinnen.

Am Montag verkündete er im Ö1-Morgenjournal, eine entsprechende zivilrechtliche Klage vorzubereiten. Er selbst habe bei Übernahme des Falles auf sein Honorar verzichtet - allerdings könnten sich die beiden Klägerinnen die Gerichtsgebühren sowie weitere mit dem Verfahren einhergehenden Kosten nicht leisten.

Eine Prozesskostenbeihilfe sei wegen Verjährung abgewiesen worden. Deswegen habe er einen Spenden-Aufruf gestartet.

Stadt Wien breche Wort

Weil die Stadt Wien eine Verjährung angibt, sei nicht mit einer angemessenen Entschädigung für seine Mandantinnen zu rechnen, sagt Öhlböck im Gespräch mit dem Standard. Entgegen einer früheren Verlautbarung im Bericht der Kinder-und Jugendanwaltschaft, wonach "Betroffene Leistungen ungeachtet von Verjährungen in Anspruch nehmen können", würde die Stadt Wien nun ihr Wort brechen.

Öhlböck sieht einen Zusammenhang zwischen dem Rückzieher und der Zahl der Opfer, die sich bis dato an die Opferschutzorganisation Weißer Ring gewandt haben. "Seit März 2010 haben sich 827 Betroffene bei uns gemeldet, um erlebte Gewalt oder Missbrauch in städtischen Heimen bekannt zu machen," sagt Geschäftsführerin Marianne Gammer.

Der Entschädigungsfonds wurde im Herbst 2011 von zwei auf insgesamt 5,8 Millionen Euro aufgestockt. Auch die beiden von Öhlböck vertretenen Frauen sollen für ihre Erlebnisse am Schloss Wilhelminenberg jeweils 35. 000 Euro erhalten haben.

Kooperation mit Helige-Kommission

Öhlböck möchte mit der Helige-Kommission zusammenarbeiten, die zur Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe eingesetzt wurde. Wenn es sein muss, bis zum Höchstgericht. "So etwas darf nicht verjähren."

Strafrechtliche Prozesse kann der Weiße Ring mit psychosozialer oder anwaltlicher Unterstützung begleiten. "Bei zivilrechtlichen Prozessen ist das wesentlich schwieriger," sagt Gammer. Die Einschätzung auf Erfolg eines solchen Verfahrens sei unsicher, da die Ereignisse sehr lange zurückliegen würden.

Für die Opfer bestehe nicht nur ein Kostenrisiko. "Wenn sie verlieren, wird ihnen nicht Recht gegeben - und das kann eine große psychische Belastung bedeuten." (Julia Herrnböck, DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2012)