"Ich bin nicht politisch erpresst worden", sagt Alexander Wrabetz (Bild) über SP-Stiftungsratssprecher Niko Pelinka als seinen künftigen ORF-Bürochef.

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"...und werde mich auch nicht politisch erpressen lassen": Wrabetz, hier im Bild 2011 bei Werner Faymanns Sommerfest mit SPÖ- Managerin und -Medienjongleurin Laura Rudas.

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Heute ruft Redakteurssprecher Dieter Bornemann die 134 "ZiB"-Journalisten zusammen: Sie beraten, wie sie nach den ersten Protesten weiter gegen den Vorsatz ihres Chefs Alexander Wrabetz vorgehen, Niko Pelinka zu seinem Bürochef zu machen. Bornemann rechnet mit "weiteren Protestmaßnahmen", sagt er dem STANDARD.

Sie sind in bester Gesellschaft. Selbst Pelinkas Onkel, Politikwissenschafter Anton Pelinka, schalt Wrabetz, er bestelle "einen politisch etikettierten Büroleiter, der noch dazu bei seiner Wiederwahl wesentlich mitgemischt hat". Der Neffe leitete bisher die SPÖ-Fraktion im ORF-Stiftungsrat.

Armin Wolf, 2006 Galionsfigur der Proteste gegen ORF-Chefin Monika Lindner und Chefredakteur Werner Mück, kritisierte die Bestellung in zahllosen Tweets. Etwa darüber, was Niko Pelinka der "Krone" erzählte: "Ich war in meinem Leben noch nie für eine Partei tätig." Wolf: "Glaubt er das wirklich, ist er zynisch, oder ist das doch Ofczarek?" Der Burgschauspieler spielt Niko Pelinka in der ORF-Satire "Wir Staatskünstler" - Donnerstagabend in ORF 1.

"Ich glaube, die ORF-Spitze wird politisch erpresst. Und sie lässt sich politisch erpressen", sagt Wolf gegenüber "Profil". Wrabetz verneint das im APA-Interview: "Ich bin nicht politisch erpresst worden und werde mich auch nicht politisch erpressen lassen."

Wolf erinnert daran, was die ORF-Redakteure seit Jahren fordern - "völlige Neuorganisation des ORF": "Im Stiftungsrat sitzen ja auch Leute, bei denen man lange nachdenken muss, worin genau ihre Kompetenz zur Führung eines Medienunternehmens besteht."

Zechner stellt sich den "ZiB"-Redakteuren

Mitstreiter finden die ORF-Redakteure auch in ihrer eigenen Chefetage: Kathrin Zechner tritt ihren Dienst als neue TV-Direktorin an und stellt sich gleich um 13.30 Uhr den "ZiB"-Redakteuren. Per Mail an die Mitarbeiter betonte sie wohl nicht zufällig kurz nach Wrabetz' Personalpaket mit Pelinka, Unabhängigkeit sei wichtigstes Gut des ORF. Der ORF-Zentralbetriebsrat berät Montag um zehn Uhr "Maßnahmen" gegen die Personalpläne des Generals, etwa einen Protestbrief an Wrabetz, der mit rechtlichen Konsequenzen drohen könnte. Betriebsratschef Gerhard Moser sagte Sonntag nur, die Personalvertreter würden Maßnahmen am Montag "in Ruhe diskutieren".

Sie befassen sich neben Pelinka etwa mit dem für Thomas Prantner erfundenen Job eines Vizedirektors. Der war Bedingung für freiheitliche Stimmen zu Wrabetz' Wiederwahl. Sie hinterfragen Robert Zieglers Bestellung zum Bundesländer-"Koordinator". Die brachte Wrabetz schwarze Stimmen - auch jene Zieglers als Betriebsrat im ORF-Stiftungsrat. Dieser Job fehlt ebenso im ORF-Stellenplan für 2012 wie die ausgeschriebene, nun höhere Gehaltsgruppe des Büroleiters. Wrabetz sagt, die Gehaltsstufe hätten Büroleiter seit 20 Jahren. Die Zentralbetriebsräte dürften auch rechtliche Schritte gegen das Personalpaket beraten, sagt ein Kenner der Lage. Bei Arbeitsgerichten, Medienbehörde, Gleichbehandlungskommission.

120 Bewerbungen

Die "ZiB"-Redakteure tagen Montag zeitgerecht, um eines ihrer Protestinstrumente noch einmal zu forcieren: Dienstag endet die Bewerbungsfrist für jenen Büroleiterjob, den Wrabetz für Pelinka vorgesehen hat. Die Redakteure riefen zu Massenbewerbungen auf - ein paar Tausend sollen sich, mehr oder minder ernst, gemeldet haben. An personal@orf.at gingen nach STANDARD-Infos bis Freitag rund 120 Bewerbungen, hieß es.

Darunter findet sich eine Reihe hoch qualifizierter Frauen - und die eine oder andere plant, ihre noch abzuschicken. Eine Innenpolitikredakteurin der "Salzburger Nachrichten" etwa tat das mit dem Hinweis, dass sie viereinhalb Jahre in der Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger & Partner juristisch arbeitete, während derer Pelinka "als Schülerpraktikant" in die Kanzlei schnupperte. Einzelnen Interessentinnen wurde gar schon bedeutet, ihre Bewerbung besser zurückzuziehen.

Bei gleicher Qualifikation für einen ORF-Job sind laut Gesetz Frauen zu engagieren. Die Gleichstellungsbeauftragte des Senders, Monika Rupp, soll den ORF-General schon in einem Brief zur Causa Pelinka daran erinnert haben. Mit ihrem Antrag auf ein Hearing ist damit zu rechnen.

Pelinka verrät noch nicht, ob er sich schon beworben hat. Wrabetz habe er angeboten, das doch zu lassen. Der ORF-Chef will ihn weiter bestellen, sagte er Sonntag: "Ich gehe davon aus, dass Niko Pelinka sich bewerben wird." (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 9.1.2012)