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In der Pilotfolge: Ein winterlicher Spaziergang durch den Ottakringer Friedhof in Wien

Der Ottakringer Friedhof empfängt seine Besucher mit der Parole "Beati Mortui, Qui In Domino Moriuntur", zu Deutsch: "Glücklich die Toten, die im Herrn gestorben sind". Der kalte Wind weht Blätter an der Aufbahrungshalle vorüber.

Foto: Michael Matzenberger/derStandard.at

Mit über 173.000 Quadratmetern ist der Friedhof im 16. Wiener Gemeindebezirk einer der größeren der Stadt. Zum Vergleich: Der Zentralfriedhof erstreckt sich als mit Abstand weitläufigste Anlage über 2,5 Millionen Quadratmeter, der Altmannsdorfer Friedhof misst als kleinster gerade einmal 3.800 Quadratmeter.

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Mehr als 27.500 Grabstellen gibt es hier laut dem Betreiber Friedhöfe Wien GmbH.

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Mir schien, es waren noch einmal so viele Krähen.

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Die Inschriften auf den Grabsteinen erzählen von der Anziehungskraft Wiens auf Menschen aus anderen Ländern. Zu den Namen Valouschek, Vessely und Kratochwill kamen über die Jahre auch Namen wie Cheung und Tu. Neben Engeln und Kreuzen wurden Buddha-Figuren und New-Age-Ästhetik zu einem Teil der Bestattungskultur.

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Unabhängig von Herkunft, Wohnsitz und Religion hat heute jeder ein Anrecht auf ein freies Grab am Ottakringer Friedhof.

Das war nicht immer so. Seit seiner ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1230 stieß das Gräberfeld nach Seuchen und Kriegen immer wieder an die Grenzen seiner Kapazität. Zeitweilig wurde es für Ortsfremde, vorübergehend wegen "Vollbelages" auch gänzlich für Beerdigungen geschlossen. Das Areal am Fuße des Gallitzinberges sollte in der Folge mehrmals erweitert werden, allein seit 1835 fünfzehnmal.

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Rund 800 Trauerzüge marschieren jedes Jahr über den Ottakringer Friedhof.

Soll die Ruhe nach dem Begräbnis eine ewige sein, so ist man auch ewig auf die Gunst der Nachkommen angewiesen: In der Regel wird der "Grabbenützungsvertrag" mit der Friedhöfe Wien GmbH über zehn Jahre abgeschlossen, in diesem Intervall muss er dann auch verlängert werden.

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Wird ein Vertrag nicht verlängert, stehen die Totengräber bei der Aufbereitung für den neuen Benützer oft noch über dem Restbestand des Vormieters. Denn je nach Bodenbeschaffenheit kann es mehrere Jahrzehnte dauern, bis die menschlichen Überreste vollständig verwest sind. Sollten sich wirklich noch Relikte im Grab befinden, werden sie bei der Neubestattung unter die Grabsohle gelegt.

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Am Friedhof in Ottakring gibt es 44 ehrenhalber gewidmete Gräber. Darunter sind die Ruhestätten des 1893 auf hoher See verstorbenen Schrammelquartett-Mitglieds Georg Dänzer und dreier Opfer der Teuerungsrevolte von 1911.

Auch Franz Schuhmeier, Arbeiterführer und "Volkstribun von Ottakring", wurde ein Grab samt Ehrenmal gewidmet. 1900 zog er gemeinsam mit Jakob Reumann als erster Sozialdemokrat in den Wiener Gemeinderat ein. Am 11. Februar 1913 lauerte ihm sein ehemaliger Bekannter Paul Kunschak, Bruder des Leopold Kunschak, in der Halle des Nordwestbahnhofs auf und schoss ihm in den Kopf. Mehrere hunderttausend Wienerinnen und Wiener begleiteten Schuhmeier auf seinem letzten Weg. A schene Leich.

Foto: Michael Matzenberger/derStandard.at

Eine weitere Art Volksheld wirkte etwas früher und in anderer Weltgegend. Gemessen an der Zahl seiner Darstellungen leistete er erfolgreiche Überzeugungsarbeit bis tief nach Ottakring. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 25.1.2012)

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