Wien - Mehrere Ex-Minister sind noch immer in Besitz von Diplomatenpässen und genießen dadurch bei Auslandsreisen eine Sonderbehandlung. Das hat der "Kurier" im Zuge von Recherchen um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (ÖVP), der im November 2011 seinen Diplomatenpass um weitere fünf Jahre verlängern hat lassen, herausgefunden. Laut "Kurier" erlaubt es die Gesetzeslage in Österreich selbst ehemaligen Kurzzeit-Ministern und -Staatssekretären, alle fünf Jahre ihre Diplomatenpässe zu verlängern - auch wenn sie längst nicht mehr in offizieller Mission reisen.

Neben Grasser sind laut "Kurier" auch weitere umstrittene Ex-Minister wie Ernst Strasser (ÖVP), Hubert Gorbach oder Herbert Scheibner (beide BZÖ) im Besitz von Diplomatenpässen.

Außenministerium bestätigt Möglichkeit

Der Sprecher des Außenministeriums, Peter Launsky-Tieffenthal, bestätigt im Gespräch mit derStandard.at, dass unter anderem für alle aktuellen und ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung die Möglichkeit besteht, einen Diplomatenpass zu bekommen. "Das beruht auf einem Paragrafen des Passgesetzes, der relativ einfach gehalten ist", so Launsky-Tieffenthal. Ob Grasser und die anderen vom "Kurier" erwähnten Minister Diplomatenpässe haben, kann der Sprecher nicht hundertprozentig bestätigen, die meisten Personen machten von der Möglichkeit aber Gebrauch. 

"Diplomatenpässe haben an Bedeutung verloren"

Die Vorteile, die ein Diplomatenpass bringt, sind laut Launsky-Tieffenthal "umstritten". Die Einführung der Diplomatenpässe würde auf eine Zeit zurückgehen, in der man zu Drittstaaten keine guten Beziehungen hatte, damit man seine diplomatische Tätigkeit trotzdem geschützt ausführen konnte. Es gäbe noch Staaten, die Diplomatenpässe "mehr respektieren" und eigene Korridore für Diplomaten anbieten. In europäischen Staaten und den USA seien die Vorteile allerdings nur gering. Außerdem gelte "das Gesetz des Gastlandes einzuhalten". Laut Launsky-Tieffenthal wird in Diplomatenpässe "zu viel interpretiert", sie hätten an Bedeutung verloren.

Der "Kurier" zitiert einen "ehemaligen Inhaber eines Diplomatenpasses", der dieser Darstellung widerspricht: "Man muss sich nirgends anstellen, kommt überall gleich durch. Ohne Kontrollen. Ohne Fragen. Einfach den Diplomatenpass herzeigen, das war's." 

Spindelegger kann sich Gesetzesänderung vorstellen

Außenminister und VP-Chef Michael Spindelegger kann sich eine Gesetzesänderung bei Diplomatenpässen vorstellen, sodass Ex-Minister diese nicht mehr bekommen. Er stehe nicht an, das zu überprüfen, sagte Spindelegger in der "ZiB2" am Donnerstag. Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sprach sich in einer Aussendung für eine Änderung aus. (APA/lis, derStandard.at, 5.1.2012)