Robert Delaunays Eiffelturm (1926) gastiert in Wien

Foto: Christie's

Die Bedingungen an der Akquisitionsfront dürften sich verschärft haben. Noch vor drei Jahren trudelten die Avisos zu den Anfang Februar in London zur Versteigerung gelangenden hochkarätigen Kunstwerken der Sparte Impressionist & Modern Art bereits im November davor ein - stets ein paar Tage nachdem sich Christie's und Sotheby's anlässlich der zu dieser Zeit in New York verbuchten Erfolge sonnten. Das scheint Geschichte, wie die zum Jahreswechsel recht spärlich verfügbaren Informationen belegen.

Pessimisten, die eine Absage der renommierten Evening Sales prophezeiten, seien vertröstet: Sie finden statt, am 7. (Christie's) und 8. (Sotheby's) Februar, gefolgt von den anderntags abgehaltenen Tagesauktionen. Insgesamt mag das Angebot vielleicht etwas weniger opulent bestückt sein als anno Wirtschaftskrise, aber immerhin noch in einer vertretbaren Güteklasse, die den einen oder anderen Millionenzuschlag zu generieren vermag. Eine elf Exponate umfassende Vorhut der Londoner Offerte von Christie's gastiert kommende Woche für zwei Tage in Wien.

Zu den wertvollsten Gemälden gehört jenes von Robert Delaunay, für das die Experten ein Einspielergebnis von umgerechnet 1,81 bis 3,02 Millionen Euro erwarten: Der Eiffelturm, eines der wichtigsten Motive im OEuvre Delaunays, das der damaligen künstlerischen Avantgarde in Europa auch als Symbol der Modernität diente. In der Version von 1926 reduzierte der Hauptvertreter des orphistischen Kubismus (Orphismus) die gegenständliche Form und schuf den charakteristischen Rhythmus und die Bewegung allein aus der Farbe. Das Bild stammte aus der Sammlung des 2005 verstorbenen Hamburger Unternehmers Hubert Wald und wird wie 89 anderen Kunstwerken (u. a. Antiken, Altmeistergemälde etc.) dieser Provenienz schrittweise bei Christie's versteigert. Der Erlös, taxiert auf 15 bis 23 Millionen Euro, kommt der 1993 gegründeten Wald-Stiftung (u. a. Förderung medizinischer Forschung) zugute.

Landschaft spiegelt Seele

Zu den weiteren Highlights der nach Wien entsandten Protagonisten gehört neben Egon Schiele (Kirche zu Klosterneuburg, 1905; 24.200-36.300 Euro), Max Pechstein (Waldweg, 1927, 181.500- 242.000) und Karl Schmidt-Rottluff (Haus an der Straßenkurve; 242.000-363.000) auch Emil Nolde: Einerseits über eine um die Mitte der 1920er-Jahre ausgeführte Gouache (Frauenkopf, 72.600- 96.800) und andererseits über das aus einer deutschen Privatsammlung stammende Frischer Tag am Meere von 1906: Zwischen 1,2 und 1,8 Millionen Euro soll dieses kraftvolle Beispiel der Nold'schen Vision einer Landschaft als natürlicher Spiegel der künstlerischen Seele bringen.  (Olga Kronsteiner/ DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.1.2012)