Oida!

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Der Preis für den Wagen liegt doch deutlich jenseits der 100.000 Euro, und dennoch werde ich dieser Tage auffallend häufig mit "Oida!" angesprochen. Mit Respekt zwar, aber: "Oida!"

Das geht so: Ich sitze im BMW M5. Das wesentlichste Merkmal dieses Wagens sind die 560 PS, die im innewohnen. Die sieht man zwar nicht, aber Connaisseurs wissen Bescheid. Ich also im M5 an der Ampel, daneben hält zum Beispiel ein 320i mit aufgepapptem Spoiler. Man bedeutet mir von drüben, doch bitte das Fenster zu öffnen - mit einer aufgeregten Kurbelbewegung. Dabei haben wir längst elektrische Fensterheber. Ich lasse die Scheibe herunter. "Oida, heast", eröffnet mein neuer Freund das Gespräch, er schreit von der Fahrerseite über seinen Beifahrer zu mir herüber. Längst gut eingebürgerte Wiener, aber ein türkisches Idiom hält sich zart im Hintergrund. "Urgeil", sagt er, ich nicke jovial. "Was kosta?" 120, erwidere ich in der Annahme, die Konversation jetzt beenden zu können. Tausend und Euro spare ich mir, man soll mir nicht unterstellen, ich könne die Sprache der Straße nicht. "Will ich haben", erklärt mein neuer Freund. Und fragt allen Ernstes, ob und zu welchen Konditionen ich ihm den M5 überlassen würde. Sein Beifahrer befeuert die Verkaufsgespräche: "Gib Gas, Oida! Lass hören!"

Ich will jetzt was von der Automatik erzählen, mit der das Gasgeben im Stau schwierig ist, aber es wird Grün, und ich gebe Gas, lasse meine neuen Freunde zurück. Oida, ich sage Ihnen, das war nicht meine einzige Bekanntschaft, die ich im M5 gemacht habe. (Michael Völker/DER STANDARD/Automobil/30.12.2011)