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Der Wiener Silvesterpfad findet heuer zum bereits 22. Mal statt, das Feuerwerk im Bereich Volksgarten/Heldenplatz erst zum zweiten Mal.

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Die Stadt Wien lässt für das von Markus Staudinger organisierte Feuerwerk rund 10.000 Euro springen.

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Markus Staudinger ist seit über 20 Jahren im Geschäft. Ein Höhepunkt war im Jahr 2007 die Schlusszeremonie beim Champions League Finale in Athen ...

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... als die Spieler des AC Milan den Pokal in die Höhe stemmen durften. Um das Spektakel zu organisieren, war er zwei Wochen vor Ort.

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Auch beim Finale der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Wien dirigierte er mit seinem Team die Schlusseffekte. Hier ist das Feuerwerk am Dach des Ernst Happel-Stadions zu sehen.

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Wenn der Donauwalzer ertönt und die Sektkorken knallen, dann drückt Markus Staudinger auf den Knopf. Der Knopf, der den Himmel über Wien zehn Minuten lang in eine Komposition aus Formen und Farben verwandelt. Staudinger ist mit seiner Firma Pyrosolution der Zeremonienmeister für das offizielle Feuerwerk der Stadt Wien. "Feuern statt feiern" lautet also die Devise. Und das seit 20 Jahren, so lange ist der 45-jährige Salzburger schon im Pyrotechnik-Geschäft. Die Frage, ob er nicht lieber einmal tiefer ins Glas, statt hoch in Richtung Himmel schauen möchte, verneint er. "Erstens ist es unser Geschäft und zweitens ist es schön, wenn man vielen Leuten eine Freude machen kann", sagt er im Gespräch mit derStandard.at. Nachgefeiert wird irgendwann im Jänner. "Wenn es ruhiger ist."

Mitten im Zentrum

Das Feuerwerk - ein Höhepunkt des Wiener Silvesterpfades - nimmt heuer zum zweiten Mal seinen Ausgang im Volksgarten. Auch im Vorjahr, bei der Premiere, war Staudinger schon am Schalthebel. Das Besondere am Volksgarten sei die zentrale Lage, sinniert er. Quasi im Herzen Wiens und für viele tausend Besucher gut einsehbar. Der Standort wurde von der Burghauptmannschaft zur Verfügung gestellt. Wunderschöne TV-Bilder, die eine gute Werbung für Wien transportieren, seien das Resultat dieser Entscheidung, ist er überzeugt: "Sonst sieht man immer nur Aufnahmen von Paris, New York oder Sydney." Und wenn nur ein paar Hundert Touristen mehr kommen, amortisiere sich diese Investition bereits, so die Rechnung.

Beifall als Kick

Für Staudinger manifestiert sich der Erfolg eines Feuerwerks in den Reaktionen der Zuseher. "Man hört die Leute schreien und applaudieren, das ist für uns der zweite Kick." Der erste Kick ist das Schießen selbst. Ein Vorgang, der ob der intensiven Vorbereitungsarbeiten eigentlich unspektakulär abläuft. Die Planung für Wien habe bereits vor zweieinhalb Monaten begonnen, erzählt er. Das übliche Prozedere: Wünsche des Kunden werden mit den eigenen Ideen verschmolzen. Dieser Kompromiss wird den Behörden präsentiert, eine Absegnung muss erfolgen. Die Auflagen sind streng, der Wind ist immer ein Risikofaktor. "Sachen, die wieder runterfallen, dürfen wir nicht verwenden." Raketen mit Stäben sind daher tabu. Neben der Verletzungsgefahr ergäbe das auch kein schönes Bild: "Sonst schaut es aus, als ob die Apachen da waren." Überall Pfeile.

30 Securitys schützen den Abschussplatz

Zum Einsatz kommen nur Kugeln, die mit "Kanonen" in den Himmel befördert werden, um dort auch wieder zu verglühen. Die Abschüsse werden über eine Funkanlage ferngesteuert. Zündzeiten müssen mit den Kugeln und ihren Effekten programmiert werden. "Mit einem Knopfdruck laufen die zehn Minuten Feuerwerk runter", erzählt er, "da gibt es dann nicht mehr viel zu tun." Vor Ort muss Staudinger trotzdem sein, um den Ablauf zu koordinieren. Und zwar mit vier Mitarbeitern, die noch von rund 30 Securitys flankiert werden. Die Aufpasser werden von der Stadt Wien gestellt.

Der Volksgarten ist eingezäunt und die eigentliche Abschusstelle wird noch einmal von einem Zaun geschützt. Eine erweiterte Schutzzone also, die rund 140 Meter umfasst. Sollte jemand auf die blöde Idee kommen, über die Absperrung zu klettern, dann ist die Security zur Stelle. Von Betrunkenen drohe normalerweise keine Gefahr, beruhigt Staudinger. "Die Leute wollen das Feuerwerk ja bestaunen und nicht randalieren." Eine Garantie, dass niemand zu Schaden kommt, gibt es aber nie: "Es handelt sich immer noch um Feuer und Feuer ist nicht hundertprozentig beherrschbar."

Made in Italy

Seine Kugeln lässt der Salzburger eigens in Italien anfertigen. So gesehen beginne die Planung schon sehr früh, denn: "Wenn ich sie nicht ein Jahr vorher bestelle, bekomme ich sie nicht rechtzeitig." Die Inspiration für seine Kreationen holt er sich aus der ganzen Welt. "Ich bin viel unterwegs und schaue mir viele Feuerwerke an." Außerdem veranstalten die Hersteller jedes Jahr ein Vorschießen, um die Neuheiten zu demonstrieren.

Eine Kunst

Pyrotechnik ist für Staudinger eindeutig "Kunst". "Ich will nicht etwas nachmachen, sondern eigene Bilder kreieren." Bilder, die aus dem Zusammenspiel von Farben und Formen entstehen: "Entweder man hat die Kreativität oder nicht." Aneignen könne man sich das nicht. Was man sich sehr wohl aneignen kann, ist das handwerkliche Rüstzeug. Der Faszination ist Staudinger schon in frühen Jahren erlegen: den Raketen, die die Welt bedeuten. Im Gegensatz zu den meisten Kindern ist er seiner Leidenschaft treu geblieben. Nach Lehrjahren in Oberösterreich hat er sich vor vielen Jahren selbstständig gemacht. Sein Portfolio beschreibt er als Resultat aus "Learning by doing" und Kursen, die er vor allem in Deutschland absolviert hat. In Österreich seien Ausbildungsmöglichkeiten rar.

150 Termine pro Jahr

"Der Erfolg gibt uns recht", sagt der Pyrotechniker, dessen "Kunstwerke" auch auf internationalen Bühnen geschätzt werden. Er schöpft er aus einem Pool von 20 Mitarbeitern, die nach Bedarf rekrutiert werden. An die 150 Veranstaltungen stehen pro Jahr auf seinem Terminkalender. Neben Feuerwerkstechnik hat er sich auf Spezialeffekte spezialisiert. Im Repertoire befinden sich etwa Lasershows, spezielle Flammenwerfereffekte oder Konfettiregen. Am Grundstein, der das Geschäft ankurbelt, werde ständig geschliffen, betont er: "Technisch sind wir auf dem neuesten Stand." Alleine die Funkanlage schlägt mit 70.000 Euro zu Buche. "Kleinere können sich das nicht leisten, so heben wir uns ab."

International im Geschäft

Einige der größten Aufträge führten Pyrosolution ins Ausland, wo Geld keine Rolle zu spielen scheint. Unternehmen in Dubai, Katar oder Bahrain lassen Staudinger mitsamt Entourage und Feuerwerkskörpern im Gepäck einfliegen. Eine Herausforderung in Sachen Logistik, die dementsprechend honoriert wird: "Da geht es dann um zehntausende Euro." Aber auch Firmen in Italien oder Frankreich gehören zu seinen regelmäßigen Kunden. Bei solchen Auftraggebern profitiert er von seinen Kontakten, wie er erklärt. Diese Jobs werden nicht ausgeschrieben, sondern von Agenturen vergeben. 20 Jahre Geschäftserfahrung sind bei internationalen Engagements ziemlich hilfreich.

Im Champions League Finale

Engagiert worden ist Staudinger zum Beispiel von der UEFA, dem europäischen Fußballverband. Er durfte nicht weniger als die Königsklasse im europäischen Klubfußball behübschen, nämlich das Champions League Finale 2007 in Athen. Mit Schlusseffekten in Form des Feuerwerks, der Lasershow und dem Konfettiregen, der bei der Pokalübergabe auf die Spieler der siegreichen Mannschaft, des AC Milan, niederging. Für die gesamte Organisation war der Salzburger zwei Wochen in Athen. Ein Erlebnis, das er nie vergessen wird: "Die Stimmung im Stadion war unglaublich beeindruckend." Und der Druck enorm: "Geht alles gut, fällt einem ein Stein vom Herzen." Neben Tausenden im Stadion gibt es schließlich noch eine Milliarde Menschen, die das Spektakel vor dem TV-Gerät verfolgen.

Ein weiterer Höhepunkt, berichtet Staudinger, war das Finale der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Wien. Gemeinsam mit einer zweiten Firma orchestrierte er die Schlusszeremonie.

10.000 Euro in die Luft gepulvert

Im Vergleich dazu mutet der Silvesterzauber in Wien wie ein Spiel der Österreichischen Bundesliga an - vom Renommee her. 10.000 Euro macht die Stadt laut eigenen Angaben für das Feuerwerk locker. Die 2.500 Abschüsse, die sich mit diesem Budget ausgehen, sollen Tausenden ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und einem, dem Staudinger, viel Applaus bescheren - falls alles nach Plan läuft. (Oliver Mark, derStandard.at, 30.12.2011)