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In Slowenien soll per Volksabstimmung entschieden werden, ob gleichgeschlechtliche PartnerInnen gleiche Rechte erhalten wie verschiedengeschlechtliche.

Foto: AP/Berthold Stadler

Ljubljana - In Slowenien werden die WählerInnen das letzte Wort über das neue Familiengesetzbuch haben, mit dem die Rechte von gleichgeschlechtlichen PartnerInnenschaften ausgeweitet werden. Das Verfassungsgericht hat die von einer konservativen Zivilinitiative angestrebte Volksabstimmung über das Gesetz erlaubt. Das Referendum könnte Medienberichten zufolge im März 2012 stattfinden.

Das Familiengesetzbuch soll die bestehende Regelung aus dem Jahr 1976 aktualisieren. Es sieht viele Verbesserungen zum Schutz der Kinder vor, wie etwa das Verbot von körperlicher Bestrafung oder die Institution eines Kinder-Ombudsmannes. Umstritten sind einige Bestimmungen, insbesondere eine neue Definition der Familie, die von der traditionellen Auffassung "Mutter-Vater-Kind" abweicht sowie die Möglichkeit für Homosexuelle, die leiblichen Kinder ihrer PartnerInnen adoptieren zu können.

Das Parlament, das im Juni das Familiengesetzbuch trotz heftigen Widerstand der rechtsgerichteten Opposition verabschiedet hat, wollte mit der Klage vor dem Verfassungsgericht das Referendum unterbinden. Es argumentierte, dass durch die Aufschiebung des Inkrafttretens oder Zurückweisung des Gesetzes verfassungswidrige Folgen auftreten könnten. Das Verfassungsgericht hat jedoch mit einer knappen Mehrheit von fünf gegen vier RichterInnen das Referendum erlaubt. Die Volksabstimmung könne aber ungeachtet des Ausgangs keine verfassungswidrigen Auswirkungen haben, hieß es in dem am Dienstag veröffentlichen Urteil.

In dem Urteil hat das Verfassungsgericht keine inhaltlichen Schlüsse über das Familiengesetzbuch gefasst. Die Entscheidung das Referendum zu erlauben basiert auf formalen Gründen. Die RichterInnen fokussierten sich auf die Tatsache, dass die Anwendung des Familiengesetzbuches erst ein Jahr nach dessen Inkrafttreten beginnen wird. Dieser Zeitraum ist fast gleich mit dem Zeitraum, in dem das Parlament an das Referendumsergebnis gebunden ist. Beim negativen Ausgang des Referendums darf nämlich innerhalb von einem Jahr kein neues Gesetz gegen den Willen der WählerInnen verabschiedet werden. Innerhalb dieses einen Jahres würde ungeachtet des Referendumsausgang und trotz des Inkrafttretens des neuen Familiengesetzbuches die bisherige Regelung angewendet werden, weshalb durch das Referendum keine zusätzlichen verfassungswidrigen Folgen auftreten können, hieß es.

Kritik von MenschenrechtlerInnen

Die BefürworterInnen der Menschenrechte zeigten sich über die Entscheidung des Verfassungsgerichts enttäuscht. Das Verfassungsgericht habe die Gelegenheit versäumt zu unterstreichen, "dass man über gewisse Fragen nicht mit Referenden entscheiden kann", meinte der Soziologe Ales Crnic gegenüber der Tageszeitung "Dnevnik". Das Justizministerium bereute, dass man bei der Volksabstimmung über die Rechtslage einer benachteiligter Gruppe, die ein Opfer von rechtlicher Diskriminierung, Hassrede und physischer Gewalt ist, entscheiden werde. Auch der scheidende Familienminister Ivan Svetlik bereute die Entscheidung, obwohl er sie respektiere. Er befürchtet, dass sie dazu führen werde, dass Slowenien in eine "Kulturblockade" seitens der katholischen Kirche kommen werde.

Die slowenische katholische Kirche hat sich stark für das Referendum eingesetzt. Sie findet, dass "die vorgeschlagene Neudefinition der Familie sowie die Relativierung von Mutterschaft und Vaterschaft" nicht in das Familiengesetzbuch gehören, hieß es in einer Mitteilung der kirchlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden. Die Kirche unterstützt auch die konservative Zivilinitiative, die die Einleitung des Referendumsverfahrens beantragt hat. Auch die konservativen Parlamentsparteien unterstützen die Volksabstimmung.

Initiative: "Für Familie und für Kinderrechte"

Die Zivilinitiative mit dem Namen "Für Familie und für Kinderrechte" hat bisher 27.700 der 40.000 WählerInnenunterschriften gesammelt, die für die Ausschreibung eines Referendums erforderlich sind. Durch die Klage vor dem Verfassungsgericht war das Sammeln von Unterschriften vorerst aufgehalten worden und soll nun sofort nach den Neujahrsfeiertagen wieder aufgenommen werden, hieß es. Für die Zivilinitiative ist neben dem Adoptionsrecht für Homosexuelle auch die neue Definition der Familie inakzeptabel. Sie findet, dass es für die Entwicklung eines Kindes das Beste sei "eine gute Mutter und einen guten Vater" zu haben.

Das neue Gesetzbuch definiert eine Familie als "eine Lebensgemeinschaft von Kindern mit einem oder beiden Eltern oder einem anderen Erwachsenem, wenn dieser für das Kind sorgt". Diese Formulierung entspricht einer UNO-Definition. Nach Schätzungen des Familienministeriums leben in Slowenien derzeit rund 100 Kinder in Regenbogenfamilien, die bisher nicht die gleichen Rechte wie die Kinder in traditionellen Familien hatten, etwa das Erbrecht nach der Partnerin/dem Partner des leiblichen Elternteils. (APA)