Reinhold Messners außergewöhnliche Museen in Südtirol sind nicht nur Publikumsmagneten, sondern auch architektonische Highlights der Region. Ein neuer Bildband portraitiert die fünf Bauwerke in den Bergen: Juval in Kastelbell, Dolomites auf dem Monte Rite, Ortles in Sulden, Firmian in Bozen und Ripa in Bruneck. Letzteres ist das jüngste der Messner-Museen und wurde im Sommer 2011 eröffnet.

Die Burg Juval im Vinschgau kaufte Messner im Jahr 1983 als verfallene Ruine und hauchte ihr in zwölfjähriger Arbeit neues Leben ein. Unter Berücksichtigung der drei wichtigsten Bauphasen von 1270, 1542-48 und 1924 wurde sie denkmalgerecht saniert. Einziges modernes Element des Renaissancebaus ist ein Glasdach, das über der Ruine "schwebt". In den Sommermonaten verbringt Familie Messner hier ihre Ferien, daher ist das Museum mit mehreren Kunstsammlungen, die sich dem Mythos Berg widmen, im Juli und August geschlossen.

Foto: Horst Moser

Der schwäbische Architekt und Ingenieur Robert Danz entwarf das Glasdach, das sich über den als Ruine belassenen Nordtrakt der Burg spannt und als Witterungsschutz für die alte Bausubstanz dient. Die Tragkonstruktion des Glasdachs wurde aufs Äußerste minimiert. Wegen der Trapezform im Grundriss des Dachs wurde eine strahlenförmige Aufteilung der Glastafeln gewählt - deshalb sind Winkel und Abmessungen jeder Platte anders.

Foto: Andreas Gottlieb Hempel

Bild nicht mehr verfügbar.

Das Museum Dolomites ist das einzige der fünf Messner-Museen, das sich nicht in Südtirol, sondern auf 2181 Metern Meereshöhe in der südöstlichen Nachbarprovinz Belluno befindet. Die Umbauarbeiten der ehemaligen Festung aus dem Ersten Weltkrieg auf dem Monte Rite nahmen die Architekten Enzo Siviero und Paolo Faccio aus Padua vor. Bei der Sanierung der Originalanlage versuchten sie, so viel wie möglich von den alten Bauteilen wieder- und weiterzuverwenden.

Foto: Archiv Paolo Faccio Architekten

Das charakteristische Element des Dolomit-Gesteins ist der Kristall. Ihm nachempfunden wurden die unregelmäßigen Glaskuben über den früheren Geschützöffnungen auf dem Dach der ehemaligen Festung. Von hier aus präsentiert sich auch ein atemberaubender Rundumblick zu den Dolomitengipfeln. Das Museum im alten Fort zeigt Ausstellungen zum Thema Fels und erzählt die Erschließungsgeschichte der Dolomiten.

Foto: Georg Tappeiner

Ortles nennt sich das Museum in Sulden am Fuße des Ortlers, des höchsten Berges Südtirols. Es ist eine unterirdische Galerie, die sich den Eis- und Gletscherwelten der Berge widmet. Der Zugang zum Museum, das Messner gemeinsam mit dem Vinschger Architekten Arnold Gapp geschaffen hat, öffnet sich hinter einer Trockenmauer, die alle Gebäude im Hang verbindet.

Foto: Georg Tappeiner

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Architekt entwickelte für das Museum die Idee vom Negativ einer Kristallform, in deren Inneren man sich befindet. Die künstlich angelegte Höhle ist zur Gänze aus sichtbarem Stahlbeton gebaut, deren hohe Struktur durch ein Bandgesims aus Glas beleuchtet wird. Das Oberlicht des unterirdischen Baus zerreißt den Boden von außen wie eine Gletscherspalte. Steht man an einer bestimmten Stelle im Museum und blickt nach oben, sieht man die schneebedeckte Ortler-Spitze, effektvoll gerahmt wie ein Ausstellungsstück.

Foto: Archiv Arnold Gapp

Im Jahr 2003 bekam Messner die Konzession für die Einrichtung seines Bergmuseums in der Burganlage Sigmundskron bei Bozen. Firmian ist das Herzstück der fünf Messner-Museen und thematisiert die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Berg. Architekt Werner Tscholl, der auf die Restaurierung von Burgen spezialisiert ist, bewahrte bei der Sanierung den ursprünglichen Charakter der historischen Schlossanlage. Alle neuen Einbauten wurden architektonisch eigenständig und aus unbehandeltem, langsam korridierendem Stahl ausgeführt.

Foto: Georg Tappeiner

Die neuen architektonischen Maßnahmen bleiben im äußeren Erscheinungsbild im Hintergrund. So sind etwa die Glasdächer auf den Türmen von außen nicht sichtbar, ebenso wenig Rohre, Strom- und Wasserleitungen. Trotz der rohen Wirkung des Stahls mit seiner rostigen Oberfläche versprüht die revitalisierte Burganlage eine elegante Transparenz. Feine Details wie der Einsatz von Glasscheiben tragen maßgeblich dazu bei.

Foto: Georg Tappeiner

Das jüngste Messner-Museum Ripa befindet sich in Teilen des Schlosses Bruneck und stellt Bergvölker aus Asien, Afrika, Südamerika und Europa vor. In den Jahren 2009 bis 2011 wurde die Burganlage umfassend saniert - eine Herausforderung für die regionale Architektengemeinschaft EM2, denn die Baugeschichte von über 760 Jahren hat Zeugnisse aus allen Stilepochen hinterlassen, die eine äußerst sensible Herangehensweise erforderten.

Foto: Georg Tappeiner

Die Renovierung der vorhandenen Substanz spürte auch bisher unbekannte Teile der baulichen Vergangenheit auf. So wurde etwa eine Hauskapelle aus dem 16. Jahrhundert mit gut erhaltenen Fresken wiederentdeckt. Bei der Sanierung zeigte sich, dass die vorhandenen Räume nicht ausreichten, um Messners Sammlung unterzubringen, daher wurde das Untergeschoß als Betonkonstruktion erweitert. Alle notwendigen Zubauten fügen sich aber möglichst unauffällig in den Komplex - die moderne Architektur bleibt in den historischen Gemäuern nur Gast.

Foto: Georg Tappeiner

Neben ausführlichen Texten und Plänen zur Architektur werden im Bildband von Architektur-Autor Andreas Gottlieb Hempel auch die jeweiligen Austellungen der Museen detailliert und anhand vieler Fotos vorgestellt. Außerdem enthält das Buch ein ausführliches Interview mit Reinhold Messner, sowie Tipps für Wanderungen, Gastronomie und Unterkunft in der Umgebung. (jak, derStandard.at, 29. Dezember 2011)

Andreas Gottlieb Hempel
Die Messner Mountain Museen
Architektur und Berge
2011, Callwey Verlag, 160 Seiten
ISBN 978-3-7667-1911-9

Foto: Callwey/Georg Tappeiner