Die vier Kunststudierenden, die keine "Terroristen" sind, wurden jahrelang observiert, unter anderem von verdeckten Ermittlern. Rechtliche Grundlage dafür bot der Antiterrorparagraf 278b.

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Wien - Die vier betroffenen Kunststudierenden gehen weiter von einer "politischen Motivation des gesamten Verfahrens" aus: "18 Monate staatliche Repression erreichen ihren vorläufigen Höhepunkt", schreiben sie auf ihrer Homepage.

Dabei ist die Nachricht für sie im Grunde positiv. Eineinhalb Jahre, nachdem in der Nacht auf 27. Juni 2010 vor der Filiale des Arbeitsmarktservice (AMS) in der Wiener Redergasse zwei Plastikmüllcontainer in Flammen aufgingen, sie in der Folge als Verdächtige festgenommen wurden und wochenlang in U-Haft saßen, ist endlich klar: Sie werden nicht unter Terrorismusanklage laut Paragraf 278b vor Gericht stehen - und auch nicht wegen verbrecherischem Komplott, wie das Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) in seinem Abschlussbericht angeregt hatte. Sondern sie werden sich ausschließlich wegen versuchter Brandstiftung, mit einem Strafrahmen von einem bis zehn Jahren, verantworten müssen.

Das bestätigte am Dienstag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien. Der Schaden an der Fassade des AMS-Hauses werde mit 57.000 Euro beziffert, erläuterte er. Der Prozess soll am zehnten Jänner in Wien beginnen.

Antiabschiebungsvideo

Vor der endgültigen Entscheidung der Staatsanwaltschaft gegen die Terroranklage waren die Akten auf dem Weisungsweg monatelang zur Oberstaatsanwaltschaft und ins Justizministerium - und wieder zurück - unterwegs. Das dauerte umso länger, als die Verfassungsschützer ihren Terrorverdacht in der Zwischenzeit aufdoppelten: Nicht nur der Brand beim AMS-Haus sei von einer staatsgefährdenden Gruppe ausgeführt worden, sondern auch die Befreiung eines Schubhäftlings habe diese geplant.

Beweis dafür sollte ein bei einer Hausdurchsuchung konfisziertes Video sein, auf dem ein Polizeiauto verfolgt wird, das einen Nigerianer nach Wien-Schwechat zur Abschiebung bringt. Das Video sei Teil eines Kunstprojekts, hatte der Senat der Akademie der Bildenden Künste in der Folge betont.

"Am rechten Auge ist man vielfach blind, am linken hingegen nimmt man das Vergrößerungsglas", kommentierte am Dienstag die Linzer Strafrechtswissenschafterin Petra Velten die Ermittlungen. Tatsächlich wurden die vier aus der Uni-brennt-Bewegung kommenden Studierenden als Terrorverdächtige jahrelang observiert. Auch im EU-weit verbreiteten Europol-Bericht 2011 kommt der AMS-Brand vor: als Terroranschlag. (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2011)