Peter Herbert.

Foto: Porgy&Bess

"Wild Things Run Fast" : Nicht zufällig hat Peter Herbert dem gleichnamigen Joni-Mitchell-Album von 1982 den ursprünglichen Titel für seine Hommage an die kanadischen Singer-Songwriter-Ikone entlehnt, die nun als Joni (col legno) auf CD erschienen ist: Sieht der Bassist und Komponist jenen Song über einen, der nicht zu zähmen, nicht zu halten ist, doch als programmatisch an für seine eigene Arbeit, für sein Leben im Allgemeinen.

Peter Herbert ist einer, der immer in Bewegung ist. Musikalisch als polyglotter Improvisator und Komponist, der sich mittlerweile in vielen Idiomen zu Hause fühlt, seien es freie Improvisation, Jazz-Standards, die Polyfonie Bachs oder die Grammatik der arabischen Maqams. Physisch insofern, als Unterwegssein für ihn seit Jahren die eigentliche Lebenskonstante darstellt. Gestern Dubai, heute Paris, morgen Montreal: In Herberts Tourplan schrumpfen Kontinente zu Dörfern. Wer neun bis zehn Monate im Jahr "on the road" ist, für den relativiert sich der Begriff eines Wohnsitzes, eines Zuhause.

14 Jahre lang fand Herbert, der gebürtige Bludenzer, in den Tourneepausen in New York seinen Lebensmittelpunkt, seit 2003 ist Paris seine Wahl-"Heimat" . In dieser Zeit mutierte Herbert vom gefragten Sideman sukzessive zum internationalen Szene-Protagonisten, zum Knotenpunkt seines eigenen Netzwerks, an dem er als Bassist, Komponist, Labelbetreiber, Festivalorganisator und Pädagoge strickt.

In Joni ist vieles enthalten, was Herbert ausmacht. Die Melodielinie - mit intonationssicherer Stimme gesungen von Ena alias Verena Pruka - bleibt intakt, darunter brodelt es: Unruhige, rissige Streichquartett-Texturen, die auch die Gefilde arabischer Modalität streifen, sind zu vernehmen, interpretiert vom Koehne-Quartett. Wolfgang Mitterer sorgt mit liveelektronischen Interventionen für zusätzliche Kontraste. Diese Dialektik aus poppigen Songvokalisen und sperrigen Sounds lässt momentweise an eine konzeptuelle Verwandtschaft zu David Sylvians Manafon denken. Joni Mitchells Lieder hat man so zweifellos noch nicht gehört! (felb, DER STANDARD/Printausgabe 21.12.2011)