Almdudler-Chef Thomas Klein lebt modernes Patchwork.

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Wer auch immer die erratische, gleichsam exzentrische wie introvertierte Person bei einem der zum Teil von ihm selbst initiierten, exzessiv dem Hedonismus frönenden Wiener Clubbings beobachtet hat, würde à priori nicht auf die Idee kommen, dass der bunte Szenevogel auch erfolgreicher Unternehmer, verheiratet und Vater dreier Kinder ist. Eher schon sieht man dem bekennenden Homosexuellen den seit Jugendtagen gehegten Berufswunsch des Schauspielers an.

Hinter bizarren Inszenierungen, facettenreichen Masken sind oft Spiegelbilder der Seele verborgen. Unterschiedliche Gesichter, abseits tradierter Klischees und Geschlechterrollen besitzt offenbar Thomas Klein. 1963 in Wien als Sohn des Almdudler-Gründers Erwin Klein geboren, besuchte er zunächst eine Schauspielschule, brach diese jedoch abrupt nach dem Suizid des Vaters ab und übernahm mit 19 Jahren die Führung des Kräuterlimonaden-Imperiums, das er höchst erfolgreich modernisierte und bis heute leitet.

Privat folgt Klein, aufgewachsen "in einer Gesellschaft, in der Anpassung an oberster Stelle stand" zunächst klassischen Familienstrukturen. Mit 23, als er sich seiner homosexuellen Neigung sicher wird, ist er bereits verheiratet und Vater. Den Vorurteilen des kleinkarierten Alpenvolkes, dessen einende Nationaltracht die Niedertracht ist, Vorschub leistend, verbirgt der Unternehmer seine sexuelle Vorliebe - noch dazu als Vertreter eines Nationalgetränks mit dem Symbol eines Trachtenpärchens. Als Verdrängung und Verneinung seiner wahren Identität unerträglich wird, outet er sich. Als Autor von "Zwischen Sein und Schein" und dem kürzlich publizierten Ratgeber "Gib nicht auf!" beschreibt er Höhen und Tiefen, Gewissen, Zweifel, Exzesse und Depressionen.

Es heißt, soziale Kompetenz erweise sich im zivilisierten Umgang mit Krisen und Trennungen. Kleins Lebensentwurf kann getrost als personifiziertes Patchwork-Modell apostrophiert werden. Nicht geschieden, lebt er "Ethik und Moral verpflichtet" mit seiner ältesten Tochter zusammen; seine Frau Rosa, die er stets als Liebe seines Lebens bezeichnet, mit neuem Lebensgefährten, der gemeinsamen zweiten Tochter und ihrem, aus einer früheren Beziehung stammenden, von Klein adoptierten Sohn. "Wir führen eine moderne Ehe und haben unsere Freiheiten gemeinsam hart erkämpft." Gelebte Diversität, geprägt von Rücksichtnahme, Respekt und Verantwortung. (Gregor Auenhammer, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 17./18.12.2011)