DER STANDARD-
Schwerpunktausgabe Patchwork

Foto: STANDARD/Urban

"Einhirnige Zwillinge", Ehepaare in totaler Harmonie, sind ihm unerträglich: Peter Weck.

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STANDARD: Jahrzehntelang hatten Sie ein Abonnement auf sympathische Rollen. Wie kam es dazu?

Weck: Das war nicht mein Wunsch, das sage ich Ihnen ganz offen. Aber durch die Optik oder die Ausstrahlung war ich immer der Nette - und nicht der Held, der etwas durchzieht und gewinnt. Die Herren Produzenten haben wenig Fantasie. Vor zwei Jahren wurde mir allerdings angeboten, im Film Die Mutprobe einen Pädophilen zu spielen. Das war endlich eine Rolle, die mich gefordert hat.

STANDARD: Und Sie spielten oft Junggesellen. Ich denke nur an die Serie "Wenn der Vater mit dem Sohne" aus den frühen 1970er-Jahren. Fritz Eckhardt und Sie buhlten andauernd um junge Frauen.

Weck: Und jeder wusste: Die ist nicht die Richtige. Das war der Witz an der Serie. Und gut geschrieben vom Fritz Eckhardt.

STANDARD: 1983 wurden Sie plötzlich Ehemann und Vater - als Werbefachmann Werner Schumann in der Serie "Ich heirate eine Familie" . Das Wort Patchworkfamilie war damals noch unüblich. Ahnten Sie, dass die Serie etwas Neues im Unterhaltungs-TV thematisierte?

Weck: Das war mir nicht bewusst. Wohl auch deshalb, weil ich wusste, dass die ersten vier Folgen das Leben von Drehbuchautor Curth Flatow widerspiegelten. Er hatte ja wirklich eine Frau mit drei Kindern geheiratet. Ich sollte zuerst nur Regie führen. Ich las das Drehbuch und dachte mir, es ist eigentlich eine Wald-und-Wiesen-Geschichte, aus der man aber etwas machen kann. Denn Flatow konnte, wie Eckhardt, Dialoge schreiben. Ich nahm mir vor, die Serie ein klein wenig anders zu inszenieren als dies damals üblich. Aber dass gerade diese Serie ein solcher Erfolg wird, das hat niemand geahnt. Die Serie wurde als sehr authentisch empfunden.

STANDARD: Können Sie ein Beispiel dafür geben, was Sie beim Inszenieren anders gemacht haben?

Weck: Usus ist beim Fernsehen, dass Pointen abgeschmeckt werden: "Das war eine Pointe!" Aber ich hab gesagt: "Das geht nicht. Die Pointe kommt an oder nicht, aber sie muss im Vorbeigehen passieren." Oder: Thekla Carola Wied war sehr erpicht darauf, ernsthafte Rollen zu spielen. Sie wollte nicht in die Nähe des Boulevards kommen. Ich bemerkte aber, dass sie, wenn ich ihr viele Aufgaben stellte, nervös und kribblig wurde. Da wusste ich: Das ist es. Und sie hatte einen riesigen Erfolg, eben weil sie so schusselig war. Solche Tricks haben vielleicht den Charme der Serie ausgemacht.

STANDARD: Hätte nicht Harald Juhnke die Rolle des Werner Schumann übernehmen sollen?

Weck: Es gab aber Bedenken vom ZDF, ob er durchhält. Ich machte Vorschläge, die wurden nicht angenommen. Immer wieder kam: "Warum spielen Sie das nicht?" Und ich sagte: "Dann muss man einen anderen Regisseur suchen." Es wurde dann ein Schweizer verpflichtet - ich weiß gar nicht mehr, wie er hieß. Es war eine Katastrophe. Also bin ich eingesprungen. Zunächst für einen Tag. Und dann ist das an mir hängen geblieben. Die Herausforderung zu spielen und zu inszenieren hat mir aber im Endeffekt einen Riesenspaß gemacht.

STANDARD: Sie schreiben in Ihrer Biografie "War's das?" , die kürzlich bei Amalthea erschien, dass Sie aufgrund Ihrer Engagements nicht viel Zeit für Ihre Familie hatten. Konnten Sie trotzdem Ihre Erfahrungen als Vater einbringen?

Weck: Ich habe zwar keine Kinder angeheiratet, aber der Umstand, zuerst Frau und dann später Kinder im eigenen Haushalt zu haben, war schon sehr irritierend. Ich war ja lange Zeit eingefleischter Junggeselle, ich habe erst spät, mit 37, geheiratet. Zur Heiterkeit meiner Frau musste ich feststellen: Nach meinem Jawort war ich ein Jahr krank. Also natürlich nur kränklich. Aber plötzlich musste ich das Badezimmer teilen und so weiter. Ich habe mich ins Wohlfühlen erst hineinleben müssen. Und das habe ich in die Serie einbringen können: wenn die Kinder Eigenleben entwickeln, und was einem dabei nicht ganz passt, auch wenn man nichts sagt, damit man nicht nur der böse Vater ist.

STANDARD: Schumann betont in der Serie immer wieder, dass ihm nichts Besseres hätte passieren können, als diese Familie zu heiraten. Wurde das Konstrukt der Familie idealisiert?

Weck: Flatow hat das Zusammenleben mit seiner Familie sehr genossen. Das hat sich eben in das Drehbuch übertragen. Und es war wahrscheinlich das Bedürfnis des Senders - das ZDF war ja immer schon etwas heile Welt bringend -, dass die Familie als ideale Form dargestellt wird.

STANDARD: Den Gegenpol bildet das kinderlose, streitsüchtige Ehepaar Sybille und Alfons Vonhoff.

Weck: Da hab ich aus dem Leben gegriffen. Ich kannte solche Leute. Ich dachte, die könnte man so als Gegensatz bringen: Da wird das Friedliche angestrebt - und dort kommt man nicht zu Recht mit dem gemeinsamen Leben.

STANDARD: Ist auch für Sie persönlich die Familie die ideale Form?

Weck: Nicht unbedingt. Ich bin noch aus einer Generation, in der man einmal "Ja" gesagt hat - und damit war es das. Aber ich verstehe junge Leute, die sich trennen. Warum soll man sich ein Leben lang quälen? Wie viele Tragödien haben sich früher abgespielt! Dass es heute viel mehr den Entschluss zum Trennen gibt, finde ich nicht unrichtig. Es gibt eben nur manchmal Glücksfälle. Ob meine Ehe ein solcher ist, weiß ich nicht. Denn so glatt geht es auch nicht immer dahin. Manche gaukeln die heile Welt vor: "Ich weiß das schon gar nicht mehr: Hab ich das gesagt - oder meine Frau?" Solche einhirnige Zwillinge sind mir unerträglich. Immer Harmonie: Das ist ja unmenschlich. Aber es muss eine Wertschätzung geben, ein Verständnis für den anderen. Dann kann eine Beziehung lange halten.

STANDARD: Die Serie hatte bis 1986 insgesamt 13 Folgen. Warum wurde sie nicht fortgesetzt?

Weck: Man wollte zehn Jahre später eine Fortsetzung - als Großeltern. Aber ich sagte: Wenn das schon eine Kultserie ist, dann lassen wir sie so.

STANDARD: Und wie geht es Ihnen als Großvater?

Weck: Ich habe natürlich mehr Zeit als früher. Ich sehe, wie der Stöpsel, der Moritz, heranwächst und jeden Tag etwas Neues dazulernt: Das ist schon sehr schön. Das habe ich bei meinen Kindern nicht so mitbekommen. Aber damals wusste ich nicht, dass ich es vermisse. Damals lag das Augenmerk darauf, dass es ihnen gut geht - und besser als mir in der Jugend. So geht es vielen: Dass sie erst die Enkelkinder genießen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD; Printausgabe, 17./18.12.2011)