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In Florenz kamen nach der Bluttat viele Menschen zu einer spontanen Trauerfeier zusammen.

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Der Täter ist ein bekannter Rechtsextremer.

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Ein Rechtsextremist hat am Dienstag in Florenz zwei senegalesische Einwanderer erschossen und drei weitere verletzt. Der Täter verließ nach einem Wortwechsel mit einer Gruppe Wanderhändler den Markt auf der Piazza Dalmazia im Norden der Stadt. Wenig später kehrte er zurück, parkte seinen Wagen in der zweiten Reihe und begann mit einer regelrechten Jagd auf Senegalesen. Mit einer Smith & Wesson Magnum tötete er zwei junge Afrikaner, ein 37-Jähriger wurde lebensgefährlich verletzt und lief Gefahr, gelähmt zu bleiben. Auf dem Markt brach Panik aus. Zahlreiche Menschen suchten Schutz unter Marktständen und in Geschäften.

Mehrere Passanten verfolgten den flüchtigen Täter, einer fotografierte ihn mit dem Handy. "Du bist Florentiner, dir passiert nichts" , rief er einem Zeitungshändler zu, der sich ihm in den Weg stellte. Einem Passanten gelang es, die Kennnummer des Wagens zu notieren. Die Großfahndung der Polizei verlief ergebnislos, bis der 50-Jährige zwei Stunden später auf dem Markt der Piazza San Lorenzo auftauchte und die Jagd auf Senegalesen mit neu geladener Pistole fortsetzte.

Der Mann verfolgte einen Afrikaner und gab dabei zahlreiche Schüsse ab. Zwei Senegalesen im Alter von 32 und 42 wurden lebensgefährlich verletzt. Dann flüchtete der Schütze in die Tiefgarage, in der er seinen Wagen geparkt hatte. Als die Polizei ihn aufforderte, sein Fahrzeug zu verlassen, schoss er sich in den Kopf.

Bei dem Täter handelt es sich um den Rechtsextremisten Gianluca Casseri aus dem Appenninendorf Cireglio bei Pistoia, der wegen seiner antisemitischen und rassistischen Gesinnung bekannt war. Bekannte schildern ihn als eigenwilligen Einzelgänger. Der belesene Tolkien-Anhänger war Herausgeber der rechten Zeitschrift Die Schwelle und hatte 2010 den historischen Roman Der Schlüssel zum Chaos publiziert, der die Geschichte eines Magiers und Alchimisten erzählt. Casseri, der in Florenz wohnte, gehörte zum Umfeld des rechtsextremen Kulturzentrums "Casa Pound" in Rom und war bereits mehrmals angezeigt worden. Er hatte öfter an rassistischen Kundgebungen teilgenommen.

Nach dem Doppelmord kam es in Florenz zu einer spontanen Protestkundgebung von Immigranten. Mit Rufen wie "Schande" und "Italiener-Rassisten" marschierten wütende Afrikaner ins Stadtzentrum, kippten Motorräder und Mülltonnen um. Ein großes Polizeiaufgebot stoppte die rund 300 Demonstranten. Erst als die Polizei einem der Senegalesen einen Blick auf die Leiche des Täters erlaubte, beruhigten sich die erhitzten Gemüter. Bürgermeister Matteo Renzi empfing eine Abordnung aus Senegal und erklärte den Mittwoch zum städtischen Trauertag. Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach den Angehörigen der Ermordeten seine Anteilnahme aus und rief dazu auf, "jede Intoleranz im Keim zu ersticken." (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD-Printausgabe, 14.12.2011)