Ob er in der Branche unterschätzt wird? "Nein, die kennen mich alle gut."

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Ried/Wien - Stefan Reiter sagt, dass man die Sportvereinigung Ried überhaupt nicht erklären müsse. Der Sportdirektor lehnt die "Verkomplizierung des Fußballs" ab, er könne auch nicht mit "großen Geheimnissen" dienen. Ried ist jedenfalls zum zweiten Mal hintereinander Herbstmeister der tipp3-Bundesliga geworden, das freut den 50-jährigen Reiter. "Nimmt man den Job ernst, wird in allen Bereichen konsequent gearbeitet, ergibt sich der Erfolg automatisch." Gewisse Prinzipien müssten eingehalten werden, in und um Ried gilt der Leitsatz: "Weiche nicht von deinem Weg ab."

Einst hat Reiter, der aus der Region stammt, im alten Stadion Werbebanden aufgestellt. Nach dem erstmaligen Aufstieg 1995 in die oberste Klasse wurde er hauptamtlicher, also bezahlter Sportdirektor: "Oder auch Manager." Manchmal habe er Schwierigkeiten, Aufgaben zu delegieren. "Aber es wird schon besser. Man kann und soll wirklich nicht alles alleine machen." Ob er in der Branche unterschätzt wird? "Nein, die kennen mich alle gut."

Er schätzt das Wort "Konsequenz". Es gehe darum, die Möglichkeiten voll auszuschöpfen. "Auch wenn sie relativ bescheiden sind." Eine Grundvoraussetzung für den kontinuierlichen Erfolg sei die richtige Auswahl der Spieler. "Natürlich müssen sie eine gewisse Qualität mitbringen. Aber entscheidend ist das Menschliche, der Charakter. Sind sie bereit, sich weiterzuentwickeln? Wir alle wollen einen Mehrwert erzielen." Man dürfe die Kicker niemals anlügen. Reiter: "Merken wir, dass es einer nicht schafft, müssen wir mit der Wahrheit rausrücken."

Zwischenstation Innviertel

Ried könne niemals das Ende des Horizonts sein. "Das sind aber auch Salzburg und Rapid nicht." Reiter sieht sich als Wegbegleiter. "Wir können und sollen für die Leute nur eine Zwischenstation sein." Trotzdem sei es kein Ziel, "dass wir immer die Besten abgeben müssen". Zuletzt waren es Daniel Royer, Thomas Schrammel und Florian Mader. "Der nächste wird wohl Thomas Reifeltshammer sein. Wir sind aber darauf vorbereitet, lassen uns nicht verwirren oder gar zerstören. Wir verkraften nahezu alles."

Dass ein Verein mit läppischen 31 Punkten Herbstmeister wird, "war nicht zu erwarten. Die Punkteanzahl entspricht aber durchaus unserem Niveau. Wir bewegen uns im oberen Bereich, wir schaffen die 100 Prozent. In unserem Puzzle passen die Teile ineinander. Die anderen liegen nur bei 75 Prozent, haben ihr Potenzial nicht ausgeschöpft. Aber dafür können wir wirklich nichts."

"Wir sind am Limit"

Einen Meister Ried ohne Herbst wird es laut Reiter kaum geben. "Weil wir am Limit sind. Aber zweifacher Cupsieger ist ja auch nicht schlecht." Das Budget beträgt 5,5 Millionen Euro, der Klub ist praktisch schuldenfrei, es gibt noch kleinere Altlasten vom Stadionbau. Reiter: "Das Wichtigste ist unsere Nachwuchsakademie, die ist unser Kapital."

In das Rieder Puzzle passt Trainer Paul Gludovatz perfekt. "Er akzeptiert unseren Weg, teilt die Philosophie, möchte auch das Maximum." Es sei eine Verkennung der Realität, "wenn man von einem Rieder Wunder spricht. Denn Wunder sind nicht erklärbar." Reiter wünscht sich vom Christkind einen stärkeren Publikumszustrom. "Die Untergrenze passt, es kommen nie weniger als 4000 Leute ins Stadion. Aber sie sollte auf 5000 erhöht werden." Anders ausgedrückt: "Wer begleitet, gehört begleitet."(DER STANDARD Printausgabe. 12. Dezember 2011)