Künstlerische Darstellung des 10-m-Weltraumradioteleskops Spektr-R. Gemeinsam mit dem 100-m-Teleskop Effelsberg wurde der Weltrekord für die Größe eines zusammengesetzten Radioteleskops aufgestellt.

Foto: Lavochkin Association

Die Beobachtungstechnik der Interferometrie mit großen sogenannten Basislinien ("Very Long Baseline Interferometry", oder VLBI) hat bereits eine Reihe von Rekorden in der Astronomie ermöglicht. Am 15. November 2011 wurde ein weiterer aufgestellt. An diesem Tag hat das 100-m-Teleskop Effelsberg die ersten interferometrischen Messungen mit dem 10-m-Weltraumteleskop Spektr-R des russischen RadioAstron-Projekts erfolgreich durchgeführt.

Die Kooperation der beiden Radioteleskope markiert den Weltrekord für die Größe eines zusammengesetzten Radioteleskops: Die Messungen wurden mit einem virtuellen Radioteleskop durchgeführt, das 30 Mal größer ist als der Durchmesser der Erde. Beobachtet wurde übrigens der leuchtkräftige Quasars 0212+735 in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung bei einer Wellenlänge von 18 Zentimeter.

"Diese faszinierenden Ergebnisse bestätigen unsere Erwartung, dass wir mit RadioAstron die Abläufe in den innersten Bereichen der Quasare in bisher nicht erreichter räumlicher Auflösung untersuchen können", sagt Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und Leiter der Forschungsgruppe "VLBI" am Institut. "Die schwachen Radiosignale von solchen Quellen erfordern den aufeinander abgestimmten Einsatz der besten und empfindlichsten Radioteleskope wie unserem 100-m-Teleskop in Effelsberg."

Um diese Beobachtungen möglich zu machen, wurden die Daten des Weltraumteleskops an Bord aufgezeichnet und von dort zur Empfangsantenne der Bodenstation in Puschino/Russland gesendet. Die Daten wurden in einem Spezialrechner ("Korrelator") des RadioAstron-Projekts in Moskau mit Beobachtungen von den am Projekt beteiligten erdgebundenen Radioteleskopen verknüpft. Dieser Rechner sucht nach korrelierten interferometrischen Signalen (den sogenannten "fringes") zwischen zwei oder mehr der beteiligten Antennen. Daraus lassen sich dann Bilder von weit entfernten kosmischen Objekten rekonstruieren, mit der Winkelauflösung eines virtuellen Teleskops, das so groß ist wie der maximale Abstand zwischen den beteiligten Antennen.

Ein-Cent-Münze auf dem Mond

Während der Beobachtungen des Quasars 0212+735 stand der Satellit in einer Entfernung von ca. 100.000 km von der Erde. Die mit Spektr-R geplanten Messungen können bis zu einem maximalen Abstand von 360.000 km von der Erde erfolgen; das entspricht einem Teleskop, das 30 Mal größer ist als die Erde selbst. Mit diesen Beobachtungen wird einer Winkelauflösung von einer Hunderttausendstel Bogensekunde (bzw. 10 Mikrobogensekunden) erreicht. Damit könnte man den Durchmesser einer Ein-Cent-Münze auf dem Mond bestimmen, oder aber sich dem Ereignishorizont des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße bis auf einen Faktor 2 annähern.

"Das RadioAstron-Team ist sehr stolz darauf, die ersten interferometrischen Signale empfangen zu haben, als Resultat der erfolgreichen Arbeit mit einem äußerst komplexen System", sagt RadioAstron-Wissenschafter Yuri Kovalev vom Astro-Space-Center in Moskau. "Es ist ein Meilenstein, der uns den Weg zu einem umfangreichen Forschungsprogramm bereitet, das Beobachtungen mit Radioteleskopen überall auf der Welt mit einschließen wird."

Die außergewöhnlichen Fähigkeiten von RadioAstron werden es ermöglichen, eine Reihe von ungelösten Problemen in der Astrophysik anzupacken, darunter der Ursprung der energiereichsten Teilchen im Universum und die physikalische Natur der supermassereichen Schwarzen Löcher. (red)