Der heiße Kern des Roten Riesen rotiert zehnmal schneller als die Oberfläche.

Illustration: Paul Beck (KU Leuven, Belgium)

Wien - Die Kerne von Roten Riesen rotieren mindestens zehnmal so schnell wie ihre Oberfläche: Das hat ein internationales Astronomenteam unter der Leitung von Paul Beck, einem aus Österreich stammenden Doktoranden an der Universität Leuven in Belgien, herausgefunden und im Wissenschaftsjournal "Nature" publiziert. Die Wissenschafter verwendeten dazu die präzisen Messungen des NASA-Weltraumteleskop "Kepler".

Ein Roter Riese ist eine spektakuläre Phase in der Entwicklung eher massearmer Sterne, auch unsere eigene Sonne wird in etwa fünf bis sechs Milliarden Jahren in dieses Stadium eintreten. Wenn der Vorrat an Wasserstoff für die Fusionsprozesse im Inneren der Sonne aufgebraucht ist, wird sie sich auf das Zehnfache ihrer derzeitigen Größe aufblähen, Venus und Merkur verschlingen und ihre Leuchtkraft verfünfzigfachen. Anschließend schrumpft der Himmelskörper zu einem unspektakulären aber sehr kompakten Weißen Zwerg zusammen, der dann über dutzende Milliarden Jahre stabil bleiben dürfte.

Theorie bestätigt

Um die Phase des Roten Riesen besser zu verstehen, versuchen die Wissenschafter mehr über den Aufbau eines solchen Sterns herauszufinden. Ein völlig unerforschtes Gebiet war bisher die interne Rotation der Sterne. So wie Erdwissenschafter aus der Ausbreitung von Erdbebenwellen auf den Aufbau der Erde rückschließen, nutzen die Astronomen verschiedene Schwingungen, um das Innere von Sternen zu erforschen. Genannt wird diese Technik "Asteroseismologie". Die Schwingungen werden von den Turbulenzen verursacht, vergleichbar mit kochendem Wasser in einem Teekessel. Sie verursachen rhythmische Helligkeitsschwankungen, die sich mit Teleskopen beobachten lassen.

Während sich der Stern zum Roten Riesen aufbläht, kontrahiert gleichzeitig der Kern zu einem extrem dichten und heißen Plasmaball. Bei dieser Entwicklung verändern die verschiedenen Schichten des Sterns ihre Drehgeschwindigkeit. Um den Drehimpuls zu erhalten, verlangsamt sich die Rotation der expandierenden Sternhülle, während der Kern beschleunigt. "Theoretisch wurde das bereits vorhergesagt, uns ist nun erstmals der direkte Nachweis bei drei Roten Riesen gelungen", sagt Beck.

Hintergrund

"Kepler" ist so empfindlich, dass es Helligkeitsvariationen von nur wenigen Millionstel messen kann. "Die Daten sind besser als alles was wir bisher hatten. Wir sehen nun Effekte klar und deutlich, welche wir niemals zuvor entdecken hätten können", so Beck.

Mit der Auswertung der "Kepler"-Daten sind Beck in diesem Jahr schon zwei Publikationen als Erstautor in "Science" und "Nature" gelungen. Der Wissenschafter hat sein Astronomiestudium an der Uni Wien absolviert und arbeitet derzeit an seiner Dissertation an der Universität Leuven in Belgien. An der aktuellen Publikation waren Thomas Kallinger, Post-Doc an der Universität Löwen und dem Institut für Astronomie der Uni Wien, und Michael Gruberbauer, der an der Saint-Mary's University in Halifax (Kanada) an seinem Doktorat arbeitet, noch zwei weitere österreichische Astronomen beteiligt. (APA/red)