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Laos' Grenzverlauf mit Thailand bildet der Mekong, der hier breit und träge durch das Gewirr der 4000 Inseln treibt. Flussabwärts lauern Stromschnellen.

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Anreise und Unterkunft

Hoteltipp: Pons Arena Hotel, Don Det. Der nächste regionale Airport ist Pakse und unterhält Verbindungen nach Sieam Reap (Angkor!), Luang Prabang, Vientiane und HCMC, alle mit Lao Airlines; Visum bei der Einreise.
Website der staatlichen Touristeninformation.

Grafik: DER STANDARD

Still steht das Aquarell im Fensterrahmen nie: Manchmal fahren die schmalen Boote mitten durch die Trichterkronen der Bäume, tauchen in die hohen Brettwurzeln ein. Dann zieht der spitze Bug Wasserrüschen aus mintgrünen Wellen. Fast so weich wie die Morgennebel, durch die der Reihe nach die Mönche zum Schotterufer spazieren, dann die Wasserbüffel, viel später die ersten Kiffer.

Die ganze Welt ist Morgentoilette am Fluss und überdies "Maya", Zerrbild und Illusion, Copyright by Buddha himself. Der Blick durchs Fenster der Bambushütte ist das allemal. Denn wer weiß: Vielleicht treiben ja auch bloß die Spiegelungen durch die stehenden Boote hindurch? Und die Mekong-Inselchen gleich dazu?

Machen wir also lieber den Beobachtungsposten fest. Da wäre: die leider doch zu kurze Hängematte, allerdings in relativ stabiler Ruhelage, eine Art Nirwana aus Lücken und Maschen. Ferner: Das leptosome Federvieh, das sich im kleinen Hof die Krallen vertritt, ein Garant für Dimensionen und für Eier ist es allemal. Auch ziemlich fix: Die engen Bambushüttchen des Herrn Phao. Sie mögen in nur wenigen Wochen gewachsen sein, schief wie die Bambusstauden der angrenzenden Uferböschung. Aber ein Ruhepol sind sie trotzdem, und ein echtes Geschenk.

Das gilt auch für das bisschen Insel, das sich gegen die Strömung stellt, und das dabei trotzdem in Reisfeldgrün zerfließt: Don Det heißt es - einer der größeren Flecken, die das südlaotische Binnenarchipel Si Phan Don auf den umliegenden fünfzig Stromkilometern anzubieten hat.

Si Phan Don heißt auf Lao so viel wie "viertausend Inseln", und das ist eher metaphorisch zu verstehen. Denn wirklich gezählt hat sie in der Gegend keiner. Weder Herr Phao noch die Beamten des ehemaligen Postboten Khamtay Siphandone, der es immerhin zum Landespräsidenten geschafft hat. Vielleicht liegt das auch daran, dass sich Mama Mekong gern ein wenig unruhig in ihrem Bett hin und her wälzt, manche Inseln wie Wanzen plattdrückt, andere ein wenig verschiebt.

Klar: Si Phan Dons Fischer, die heute die Sorge vor dem geplanten Megastaudamm Xayaburi umtreibt - das mit Abstand gewaltigste von zwanzig ähnlichen Projekten - kennen die Kanäle und Verästelungen des atemberaubenden Land-Wasser-Puzzles wie die eigene Ködertasche. Sie kennen auch die Gründe, die die Anrainerstaaten, die das Bauprojekt längst zur Bildung einer eigenen "Mekong River Commission" veranlasst hat, geltend machen: Sechzig Millionen Menschen wären indirekt davon betroffen, dazu kommt die ungewöhnlich hohe Dichte an wandernden Fischarten. Auch für sie wäre der Xayaburi-Staudamm das Aus.

Zwischenzeitlich drängen neue Spezies nach Si Phan Don: Westliche Aussteiger, die sich hier die Vorruhestandsinsel in spe zugelegt haben: Kokospalmenpatenschaft, Privatstrand vor der eigenen Hütte, warmfeuchtes Klima und Morgenhimmel wie Schweinebäuche, oft weiß und satt, und ein klein wenig rosa an den Rändern - das muss man nicht, aber kann man mögen.

Perfekt, um sich selbst ein wenig treiben zu lassen, sind Laos Mekong-Inseln allemal. Egal ob in der Hängematte, im Leih-Einbaum oder als Insasse einer jener dicken Autoreifen, mit denen Don-Khong-Urlauber die Strömung genießen und den Slalom durch die kaleidoskopische Reflexion der glatten Wasserflächen.

Wenn sich "Mae Nam Khong", die "Mutter aller Wasser", in dieses Labyrinth verwandelt, dann hat sie bereits eine lange Reise hinter sich - und zum Delta in Vietnam noch ziemlich weit: 4500 Kilometer in Summe. Vom osttibetischen Hochplateau und durch das Goldene Drei(länder)eck Thailand, Myanmar, Laos schlängelt sich der Oberlauf dahin, und bildet später Laos Grenzverlauf mit Thailand.

Gestörter Businessplan

Spätestens bei Si Phan Don macht der Mekong Mittagspause, auch wenn die französischen Kolonialherren das Inselgewirr anders sahen, nämlich strategischer. Sie errichteten Betonmauern im Mekong, um Holz zu flößen. Und eine Schmalspureisenbahn samt längst verrosteter Eisenbogenbrücke. All das mit dem Businessplan, aus dem Mekong die erträumte Transportroute zwischen China und Meer zu machen.

Seither ist ziemlich viel Wasser den Mekong hinuntergeflossen. Bei Khong Phapheng, wenig südlich der Inselwelt, verwandelte es sich lange Zeit in eine Art französisches Magenbitter. Immerhin stieß man hier auf das größte Hindernis eines durchgehenden Schifffahrtsweges nach Innerchina. Heute wird die Sache freilich etwas anders gesehen: nämlich als weiß schäumendes, eindrucksvolles Naturspektakel, das den Namen "Getöse des Mekong" zu Recht verdient. Hatte sich der Mekong des Hippie2.0-Paradieses Si Phan Don eben noch als träge dahinziehende Badewanne dargeboten, so ist jetzt alles anders: Mehr als neun Millionen Liter Wasser stürzen hier pro Sekunde über die Felsen, mitunter zwanzig Meter tief. Wie Reisnudelteig zieht sich das Mekong-Band hier in die Breite. Denn der Khong Phapheng gibt lieber die horizontale Version eines Wasserfalls: Mehr als dreizehn Kilometer Breite nehmen die Stromschnellen ein.

Aber es gibt mehr zu sehen, auch verschwommene Ufer einer anderen Zeit. Folgt man dem Flussverlauf stromabwärts, dann tauchen beim Kaff Champasak Relikte uralter Zivilisationen auf: Es sind die Sandsteinpavillons und Prozessionstrassen der Tempelstadt Wat Phou, einst Vorposten des legendären Angkor, und zweihundert Jahre vor dem Aufstieg der Khmer das wichtigste Machtzentrum am Unterlauf des Mekongs. (Robert Haidinger/DER STANDARD/Rondo/09.12.2012)