Wien - Die SPÖ hält auch nach den letzten Änderungen am Entwurf für die Pensionsreform an ihrer Kritik fest. Seit den "Runden Tischen" mit den Sozialpartnern habe sich die Regierung "überhaupt nicht mehr bewegt", sagte Parteichef Alfred Gusenbauer am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. In den nächsten Jahren hätten Pensionisten weiter mit "elf bis zwölf Prozent" Verlusten zu rechnen, unter 40-Jährige müssten sogar mit "Pensionskürzungen" von bis zu 30 Prozent rechnen. Bei der Aufwertung künftiger Beitragszeiten habe es sogar "Verschlechterungen" gegeben.

"ÖVP brachte ihr Kürzungsprogramm durch"

Bei der Analyse des gestern eingebrachten Abänderungsantrages zeige sich, dass die ÖVP ihr "Kürzungsprogramm" durchgebracht und die FPÖ keine ihrer zuletzt erhobenen Forderungen umgesetzt habe. So gebe es weiter keine Schwerarbeiterregelung, und auch von der Forderung, Pensionen unter 1.000 Euro von der Reform auszunehmen, sei im Entwurf "nichts zu finden". Der mit zehn Millionen Euro dotierte "Härtefonds" sei nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein", kritisierte Gusenbauer. Das lasse sich durch ein "einfaches Rechenbeispiel" belegen.

Nächstes Jahr würden 67.000 Menschen in Pension gehen. Rund 35.000 davon bekämen eine Pension unter 1.000 Euro. Wenn sie alle einen Antrag stellen würden, bekämen sie pro Kopf und Monat nur 20 Euro aus dem Härtefonds. Die Verluste aus der Reform würden sich im Schnitt aber mit 100 bis 120 Euro pro Monat niederschlagen. Bleibe ein Verlust von 80 bis 100 Euro. Es sei daher zu befürchten, "dass viele an die Grenze der Armut gedrängt werden", so Gusenbauer.

"Dickes Ende" für unter 40-Jährige komme noch

Für die unter 40-Jährigen komme das "dicke Ende" noch, wenn das Pensionskonto komme und die Zehn-Prozent-Deckelung wegfalle. Sie kämen "maximal auf 55 bis 60 Prozent" der durchschnittliches Lebensverdienstsumme, und "unter keinen Umständen" auf 80 Prozent, wie die Regierung behaupte. Bei der Aufwertung künftiger Beitragszeiten habe es gegenüber dem Regierungspapier nach dem letzten Runden Tisch sogar noch Verschlechterungen gegeben, kritisierte Gusenbauer. Damals habe es geheißen, die Versicherungszeiten würden ab 2004 gekoppelt an die Lohnentwicklung aufgewertet. Im Abänderungsantrag sei jetzt aber wieder eine Aufwertung mit der Nettoersatzrate für 2004 vorgesehen, was in der Folge zu niedrigeren Pensionen führe. Für alte Beitragszeiten sei eine Aufwertung sowieso nie zur Disposition gestanden, kritisierte Gusenbauer.

Gusenbauer vermutet "Kuhhandel"

Für Gusenbauer stelle sich die Frage, welcher "Kuhhandel" hinter der Zustimmung der FPÖ stecke. Seine Befürchtung sei, dass die Harmonisierung bereits "begraben wurde". Das "Leiser-Treten" von GÖD-Chef Fritz Neugebauer deute auch darauf hin, dass es Zugeständnisse für eine "Nicht-Harmonisierung" gegeben haben könnte. Gusenbauer kündigte an, bei der nächsten Plenarsitzung die gesammelten Unterschriften auf Einleitung einer Volksabstimmung einzubringen. Das sei der "nächste Glaubwürdigkeitstest" für die FPÖ.

Van der Bellen: "Verbesserungen sind Teilerfolge des Streiks"

Auch die Grünen bleiben bei ihrer Kritik an der Pensionsreform. Die gestern von der Regierung vorgelegten "geringen, aber doch merklichen Verbesserungen" seien im Wesentlichen bereits bei den "Runden Tischen" mit den Sozialpartnern zu Stande gekommen, meinte Parteichef Alexander Van der Bellen in einer Pressekonferenz am Donnerstag. Es handle sich dabei also um Teilerfolge der Streiks und Demonstrationen: "Ohne diese Aktivitäten wäre die Regierungsvorlage sicher durchgegangen."

Darüber hinaus gehende Verbesserungen habe die Regierung nicht vorgenommen. Der Gesetzesentwurf bedeute die "endgültige Kapitulation der FPÖ in Sachen Pensionsreform", so Van der Bellen. Schließlich würden künftige Pensionisten mit unter 1.000 Euro monatlich von der Reform genauso betroffen wie alle anderen auch. FP-Staatssekretärin Ursula Haubner hatte Anfang der Woche gefordert, Pensionseinkommen unter 1.000 Euro von den Kürzungen auszunehmen.

Öhlinger kritisiert nach wie vor ausstehende Harmonisierung"

Der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger kritisierte die nach wie vor ausstehende Harmonisierung der Pensionssysteme. Er glaubt nicht daran, dass sie wie angekündigt im Herbst durchgeführt wird. Schließlich habe die ÖVP bereits bei den gemeinsamen Koalitionsverhandlungen klar gemacht, dass sie kein Interesse daran habe, in die Pensionen "ihrer Klientel" - der Bauern, Beamten und Unternehmer - einzugreifen.

Kritik übte Van der Bellen auch an anderen Teilen des Budgetbegleitgesetzes: So sei immer noch keine ausreichende Vorsorge für das Überleben der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) getroffen worden. Die Finanzierung der Universitäten "hängt in der Luft", sogar von Zahlungsunfähigkeit sei die Rede. Und im Gesundheits- und Steuerbereich gebe es Mehrbelastungen von insgesamt 500 Mio. Euro. Öllinger verwies darauf, dass sich im Budgetbegleitgesetz nun ein "Propagandaparagraph" befinde, der die Sozialversicherungsanstalten zwinge, Informationsmaterial der Regierung zu verwenden.(APA)