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Autobleche werden häufig in Indien hergestellt und belasten dort die CO2-Bilanz, auch wenn sie exportiert werden.

Foto: Reuters/JIANAN YU

Wien/München/Durban - Eine Studie, die das deutsche ifo-Institut erstellt hat, räumt mit den Argumentationslinien, wie sie beim UN-Klimagipfel in Durban derzeit vorherrschen, gründlich auf: Demnach ist die EU gar nicht so vorbildhaft, wie die Treibhausgas-Bilanzen suggerieren. In den letzten Jahren wurde nämlich viel energieintensive Produktion in Schwellenländer ausgelagert.

Die Produkte, die reiche Staaten aus Ländern wie China oder Indien zurück importieren, belasten nicht die Treibhausgas-Bilanz des Importstaates sondern werden dem Herstellerland zugerechnet. "Da kann ein Land CO2-Einsparungen vorweisen, obwohl es die Emissionen, die bei der Produktion von Waren anfallen, nur ins Ausland verlagert hat und somit die weltweiten Emissionen mindestens gleich bleiben", sagt Gabriel Felbermayr, Bereichsleiter am ifo Institut.

Als Studienautor zusammen mit Rahel Aichele plädiert er dafür, dass statt der derzeit gängigen Messmethode (die CO2-Emissionen eines Landes werden durchgängig diesem Land zugerechnet) ein "Carbon Footprint" eingeführt wird. Dieser erfasst alle Treibhausgas-Emissionen, die durch Konsum und Investitionen eines Landes entstehen. Und dabei spielt es keine Rolle, ob die Emissionen für diese Güter im eigenen Hoheitsgebiet oder im Ausland stattfinden.

Die Verwendung eines solchen Carbon Footprint könnte die Bereitschaft von China und Indien erhöhen, sich an internationalen Klimaschutzabkommen zu beteiligen, ist Felbermayr überzeugt. Denn laut Studie ist China nach dieser Messmethode nicht mehr der größte Treibhausgas-Emittent. Nach der Carbon-Footprint-Methode des ifo-Instituts ist die USA mit seinen hohen Waren-Importen unangefochtener CO2-Spitzenreiter. China jedoch "exportiert" rund 27 Prozent seiner Emissionen wieder ins Ausland (Zahlen aus 2007) und ist damit weltweit nur Nummer zwei der Treibhausgas-Emittenten.

In praktisch allen reichen Länder ist der "Carbon Footprint" höher als die gemessenen Emissionen. Auch in Österreich, wo laut ifo stolze 15,8 Prozent der Emissionen noch zugerechnet werden müssten. Selbst Exportweltmeister Deutschland verursacht über Importe hohe zusätzliche Treibhausgasemissionen.

Eine effiziente Klimapolitik müsse an einem "CO2-Fußabdruck" ansetzen, argumentiert Felbermayr, der sich für eine Konsumentensteuer auf den CO2-Gehalt eines Gutes ausspricht.

In Durban sind Carbon Footprints jedoch keine große Verhandlungslinie. Die Schwellenländer argumentieren eher auf einer historischen Basis:

Die Industrieländer, allen voran die USA, aber auch Großbritannien mit seiner frühen Industrialisierung, hätten in der Vergangenheit schon viel CO2 in die Atmosphäre entlassen und wegen der Langlebigkeit der Treibhausgase das Problem Klimawandel verursacht. Deshalb müsse erlaubt werden, dass Entwicklungs- und Schwellenländer im Zuge ihres industriellen Aufholprozesses mehr Treibhausgase emittieren dürften als die Industrieländer. (DER STANDARD, Printausgabe, 07.12.2011)