Wien - "Irgendetwas mach ich falsch", postete Monika Bratic auf Facebook. "Beim Bundeskanzleramt wäre ich ja schon reich geworden! 47. 000 Euro für eine APP. Tausende von Euros für die Social media seiten!!! SIEBEN Mitarbeiter, zwei davon Vollzeit für eine Seite die nicht mal 5000 Fans hat. und ICH ICH hab das alles ALLEINE für BIBER gemacht. Ich muss jetzt mit meinem Chef über eine Gehaltserhöhung reden!" Bratic ist 27 Jahre alt, "Online-Chefica" bei Biber, also die Chefredakteurin der Onlineausgabe von Das Biber, nach eigener Definition ein "transkulturelles Internet-Portal für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Österreich".

Faymanns Internet-Auftritt stand Bratic zuerst wohlgesonnen gegenüber, sie fand das "nett gemacht" und wollte sich nicht der Hysterie hingeben, alles schlechtzumachen, was vom Kanzler kommt. Als dann allerdings die Kosten von 100.000 Euro und der Mitarbeiterstab von neun Leuten bekanntwurden, war Bratic "überrascht". Auch vom schlechten Ergebnis: "Die Beamten, die das machen, sind nicht onlineaffin. Da werden Presseaussendungen verlautbart, das ist angestaubt. Das passt nicht zu dem jüngeren Publikum, das man ansprechen will. Da braucht man ein anderes Auftreten und eine andere Sprache." Bratic, die selbst auf Facebook und Twitter vertreten ist und auf ihrer Homepage einen Blog betreibt, würde den "Schnickschnack mit der Kanzler-App" weglassen und sich auf einen authentischen Auftritt des Kanzlers konzentrieren. "Der soll im Internet ja nicht als Institution, sondern als Person rüberkommen."

Knapp 5000 Facebook-Freunde, viele davon offenbar "gekauft", andere von der SPÖ-Zentrale zwangsverpflichtet oder erfunden, sind für einen Bundeskanzler kein erfreulicher Wert. Anlässlich seines Drei-Jahr-Jubiläums als Bundeskanzler teilte Faymann seinen "Freunden" unverdrossen in gewohnt lockerer Manier am Freitag mit: "Als Regierungschef habe ich mich besonders darauf konzentriert, Strategien zu entwickeln und konkrete Maßnahmen zu setzen, um Österreich vor den Auswirkungen der Krise zu schützen." Und immerhin: "Im internationalen Vergleich steht Österreich sehr gut da."

Diesen Befund verbreitete Angelika Feigl, die Social-Media-Beauftragte des Bundeskanzlers, als "bkaangel" (1219 Follower) am Freitag auch über Twitter, während sich zeitgleich ihr Mann, Krone-Redakteur Claus Pandi (2301 Follower), auf dem gleichen Kanal angeregt mit der Faymann-Parodie "WernerFailmann" (5054 Follower) über das Personal in der SPÖ lustig machte. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe 3./4.12.2011)