"Unsere Unique Selling Proposition nennt sich Ambiente." Wie auch in allen anderen Stockwerken wurde das Erdgeschoß des Hotel Daniel Vienna komplett entkernt und neu gestaltet.

 

Foto: Hotel Daniel Vienna

Die Alu-Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes ist original.

(Fotos: Hotel Daniel Vienna)

Foto: Hotel Daniel Vienna

Manche technischen Nachteile fallen dabei kaum ins Gewicht.

Wien – Aus dem Koffer sprießt ein kleines Bäumchen. Der Holzstuhl wird von einer Palme durchbrochen. Und in der Korsage, die an der Wand hängt, wächst wacker das Moos. Seit 4. November ist das Designhotel Daniel Vienna eröffnet. Gäste betreten die Lobby, blicken neugierig um sich und fangen an zu schmunzeln.

Ambiente als USP

"Das Guerilla-Gardening in der Lobby war von Anfang fixer Bestandteil unseres Konzepts", sagt Florian Weitzer, Chef der Weitzer Hotel Management GmbH mit Sitz in Graz. "Das Wichtigste ist, eigenständig und unverwechselbar zu sein. Unsere Unique Selling Proposition nennt sich Ambiente."

Vom Begriff des "Low-Budget-Designhotels", mit dem Herbergen im Stile des Daniel oft umschrieben werden, hält Weitzer nicht viel. "Wir sind weder Low-Budget, noch machen wir Design. Wir bieten eine unverwechselbare, städtische Architektur, und das zu angemessenen Preisen. Wir sind ein Urban Stay."

Das Gebäude wurde 1962 von Georg Lippert und Roland Rohn errichtet und diente lange Zeit als Bürohaus für den Pharmakonzern Hoffmann La Roche, später dann als Headquarter für Motorola. In jüngster Zeit interessierte sich die Immofinanz für eine Neunutzung der Bausubstanz. Die Planung war bereits abgeschlossen, da wurde das Projekt gestoppt.

"Das Haus stand einige Zeit leer, für uns war das der richtige Zeitpunkt zuzuschlagen und das Objekt zu kaufen", erklärt Weitzer. "In den nächsten Jahren wird das Areal rund um den neuen Hauptbahnhof deutlich wachsen. Ein Hotel am Puls der Zeit ist die perfekte Nutzung dafür." Der Umbau des denkmalgeschützten Hauses dauerte rund neun Monate. Die Baukosten für das 116-Zimmer-Hotel belaufen sich auf zehn Millionen Euro.

Prädestiniert für Hotels

Das Phänomen junger, hipper Designhotels mitten in der Stadt ist nicht neu. Neu hingegen ist die Tatsache, dass immer öfter Bausubstanz aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren umgenutzt und auf diese Weise revitalisiert wird. "Im Wohn- und Bürobereich sind Objekte aus dieser Zeit schwer zu vermarkten", sagt der für die Planung zuständige Architekt Christian Heiss. "Für die Hotellerie hingegen ist diese Architektur geradezu prädestiniert."

Und nennt als Beispiel: Die Fassaden seien zwar in Ordnung, aber nicht perfekt. Der Wärmeeintrag sei hoch und der Straßenlärm durchaus wahrnehmbar. "In einem Büro, wo die Leute den ganzen Tag am Fenster sitzen, sind solche Umstände inakzeptabel", so Heiss. "Doch in einem Hotel werden die Zimmer unregelmäßig und meist nur in der Nacht genutzt. Dann ist es kühler und leiser. Das Publikum ist tolerant."

Auch im ehemaligen Studentenheim beim Palais Auersperg, das in den Sommermonaten regelmäßig als Hotel Atlas genutzt wurde, wird derzeit ordentlich renoviert. Während das gläserne Dachgeschoß des 25 hours hotel mit 34 Suiten bereits seit Mai in Betrieb ist, werden die Bestandsgeschoße mit 186 Standardzimmern im Februar 2013 übergeben.

"Die Hotellerie hat sich in den letzten Jahren gewandelt", sagt Felix Sigel, Junior Sales Manager bei 25 hours. "Erstens trauen sich die Gäste mehr als noch vor zehn Jahren. Und zweitens steigt beim jungen Publikum das Interesse für eine Architektur, die bis vor Kurzem von den meisten Leuten wenig wertgeschätzt wurde. Tatsächlich kann man mit dieser Substanz viel Atmosphäre schaffen." Ein bisschen Berlin und ein bisschen SoHo New York zum Beispiel. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4.12.2011)