Derdiedas Erdäpfel-Lauch-Pita mit Schnittlauchsauce im Köstlich. Wird mir fehlen wie so vieles Vegetarische.

Hauptspeise groß, macht auch ordentlich satt: 6,50 Euro.

Foto: Harald Fidler

In einem Jahr ist es vorbei. Vorbei mit: In drei, höchstens vier Minuten in die Färbergasse. Mit Dezember 2012 sind wir übersiedelt. Ich bin schon seit einem halben Jahr ganz außer mir. Vor Trennungsschmerz. Vegetarischem.

Ja, auch wenn es meinen Ruf als dreckigster Essblogger zwischen Herrengasse und Wallnerstraße ernsthaft gefährdet: Ich mache es ein, zwei, dreimal die Woche, manchmal sogar öfter. Mit Vergnügen. Ich gehe vegetarisch essen. Fleischfrei. Fischfrei. Manchmal sogar geradezu vegan.

Vegetaristan blüht

Um die Herrengasse, wo die Printredaktion des STANDARD seit fast immer residiert, blüht ja geradezu Vegetaristan. Gut, den Lebenbauer gibt's schon eine Weile, und ich muss sagen: Beim zweiten Mal habe ich dort sehr anständig gegessen (Beim ersten eher anständig getrunken, das geht ja meistens eher fleischfrei ab.)

Auch den wunderbaren Wiener Deewan gibts schon ein Weilchen, aber der ist doch schon ein Eck zu weit für den Mittagstisch. Und die Soupkultur trug das Ihre bei zum Fleischfreiwesen des lachsfarbenen Journalismus. (Historische Genauigkeit und örtliche Vollständigkeit treten hierorts zurück hinter gefühltes, bisweilen auch gefülltes Erleben, für die erstgenannten Disziplinen empfehle ich wwei und Herrn Holzer.)

Babette, happig

Dann gings aber erst richtig los mit dem Soup & Salad in der Wipplingerstraße. Mit Babette am Hof - an sich ja total wunderbar, aber gefühlsmäßig doch ein bisschen happig. Mein - zudem unvegetarischer - Welsaufpreis zum Curry äußerte sich in einem ausgesprochen bescheidenen, wenn auch sehr guten Stückchen Fisch in großartiger, zurecht mit Pfand belegter Verpackung.

Kitchen, schön

Auch sehr schön, von Essen bis Betreuung, natürlich die Hidden Kitchen. Nicht sehr schön, und irgendwie nicht so richtig sympathisch der Grünzeugriese Yamm - und von der anfangs versprochenen großen gerichtlichen Abwechslung hab ich Gelegenheitsbesucher auch nicht so richtig viel bemerkt.

Allen hier - völlig zu Unrecht - Ausgelassenen an dieser Stelle ein aufrichtiges: Sorry! Posterinnen und User, Wirtinnen und Speisenträger werden die Lücken hoffentlich füllen. Ich zähle auf Sie!

Die Serben und der Schmerz

Endlich also zu meinem tiefen Schmerz. Serben, natürlich, wie zum Beispiel Herr Markovic senior, rühren den Fidler. Aber: Vegetarische Serben? Yep, das geht, und es geht wunderbar.

Aber nein, leider: Die Stojanovics wollen keine Dependance an der Vorderen Zollamtsstraße eröffnen bis Dezember 2012, dorthin ziehen DER STANDARD und derStandard.at ja im kommenden Jahr. Die Stojanovics, das sind jene Menschen, die es schaffen, den Fidler zum glücklichen Vegetarier zu machen. Mehrmals die Woche. Natürlich nicht nur den Fidler, aber bei dem wundert es (vor allem mich) am meisten.

Vegetarisches Vertrauen

Weil ich mich ohnehin selten zwischen den beiden Hauptgerichten im Köstlich entscheiden kann, lege ich mein kulinarisches Schicksal ganz in die Hände der ebenso netten wie schönen Menschen hinter der Budel. Das fällt mir sonst selten leicht. Man enttäuscht mich hier selten.

Gut, der orientalische Hirse-Spinatauflauf vorige Woche mit Tomaten-Melanzaniragout war nicht völlig auf meiner Linie, aber Moussaka wäre definitiv auch meine zweite Wahl gewesen. Wunderbar derdiedas Erdäpfel-Lauch-Pita mit Schnittlauchsauce, da lass ich gerne vom Kürbis-Linsencurry ab, wiewohl man ja auch vegane Erfahrungen nicht ignorieren sollte.

Bullenklöften

Die Sojaköfte mit Tomatensauce, Gemüse und Couscous eine Freude, danke für diese Wahl. Und danke dem Nachbartisch, der mir mit der vernehmlichen Freude über die Erfahrung von Sojaklöften, wo man doch eigentlich nur die Schwarzwäldercreme mit Kirschen nehmen wollte, ein zweites Schmunzeln verschaffte. Wer erinnert sich an dieser Stelle an Ralf Königs Ausdruck für einen bestimmten Körperteil von, hier vermute ich, Polizisten, der nach meiner Erinnerung auch als Buchtitel herhielt? Man sieht Sojaköfte ab diesem Moment ganz neu, ob mit oder ohne Paradeissauce.

Trauerarbeit, fleischfrei?

Ab nun ein Jahr ernste vegetarische Trauer bei Schmeck's? Ich will das nicht ausschließen, doch noch gilt es einiges abzuarbeiten: Eine Woche im Piemont zum Beispiel, mit amphibischem Striptease, schöner hügeliger Einfachheit, Köpfen in Kassetten, schönen Eseln und gebirgig-einsamer Pracht. Bleiben Sie dran. Auch die Vegetarier und -innen - irgendwer muss ja bei all ihrer gesunden Ernährung für Bluthochdruck sorgen. Ich übernehme das gern.

Hilfe, Vegetarierinnen!

PS: Womöglich kann jemand meine Trauer lindern: Kann man in der Gegend Vordere Zollamtsstraße, nahe Landstraße vernünftig mittagessen? Womöglich vegatarisch?

PPS, a propos Piemont: Ich seh schon, in Calamandrana war wieder keiner außer mir. Grundvernünftig, liebe Userinnen und User. Dazu noch ein PPPS: Frisch und frisch, warm und kalt zu unterscheiden, gelingt selbst dem Universaldilettanten gerade noch. Auch in Italien.