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Fatou Bensouda (re.) soll aus dem Windschatten Moreno Ocampos ins Rampenlicht treten.

AP Photo/ Fred Ernst

Den Haag / Wien - Das Rennen um den Posten des neuen Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in Den Haag ist offenbar entschieden. Die bisherige Stellvertreterin von Luis Moreno Ocampo, Fatou Bensouda aus Gambia, soll dem Argentinier nachfolgen, hieß es von diplomatischer Seite am Donnerstag. Noch am Abend könne die Entscheidung bekanntgegeben werden.

Bensouda galt seit Monaten als Favoritin für das Amt. Offiziell wird sie beim Treffen der Vertragsstaaten gewählt, das am 12. Dezember in New York beginnt. Moreno Ocampos Amtszeit endet nach neun Jahren im Juni nächsten Jahres. Es ist eine der wichtigsten Personalentscheidungen für das Weltstrafgericht. Schließlich bestimmt der Chefankläger, wo, gegen wen und in welchem Umfang der ICCermittelt.

Ungeachtet aller Erklärungen, die Wahl des obersten Anklägers dürfe nicht von politischen Kriterien bestimmt werden, hatte die Afrikanische Union bereits im Jänner gefordert, den Posten mit einem Afrikaner zu besetzen. Bisher sind alle Fälle des ICC in Afrika angesiedelt. Und unter den 119 Vertragsstaaten des Gerichtshofes sind immerhin 32 afrikanische Länder - Grund genug, auf einen Spitzenposten zu drängen. Die AU hatte die Bewerbung von Bensouda auch offiziell unterstützt.

Dennoch ist die Entscheidung für Bensouda im Konsens gefallen. Das Römische Statut, die vertragliche Grundlage des ICC, sieht zwar ein normales Wahlverfahren vor; um zu vermeiden, dass politische Interessen den Auswahlprozess bestimmen und das übliche Feilschen beginnt, wurde aber ein Auswahlkomitee eingesetzt.

Das Gremium sollte den Staaten helfen, sich schon vor dem Treffen in New York und der offiziellen Nominierung auf einen Kandidaten zu einigen. Es sichtete über 50 Bewerber und legte dann eine Liste mit den vier besten Kandidaten vor. Davon blieben am Ende Bensouda und der Chef des Höchstgerichts von Tansania, Mohamed Chande Othman. Tansania soll die Bewerbung laut Diplomaten dann zurückgezogen haben.

(Ex-)Staatschefs im Visier

Auf Bensouda wartet eine Reihe großer Fälle. Der Ex-Präsident von Côte d'Ivoire, Laurent Gbagbo, ist erst am Mittwoch nach Den Haag ausgeliefert worden und stellt sich am Montag erstmals den Richtern, um die Anklage zu hören. Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir, den der ICC wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermordes sucht, hatte mehrfach Mitgliedsstaaten des ICC besucht, die ihn eigentlich hätten festnehmen sollen. Er ist weiter auf freiem Fuß. (DER STANDARD Printausgabe, 2.12.2011)