Wien - 20 Morde wurden heuer in Wien bisher verübt, 19 davon hat die Polizei geklärt. Auf diese Zahl kommt man, wenn man die am Dienstagabend entdeckte Bluttat in Rudolfsheim-Fünfhaus mitrechnet. Dabei erschoss ein Pensionist seine Frau und tötete sich selbst (siehe Bericht). Gegenüber dem Vorjahr bedeuten diese Zahlen für die Bundeshauptstadt ein leichtes Plus, wie Hannes Scherz, stellvertretender Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung sagte. Im Vorjahr wurden bis 28. November 16 Menschen ermordet, damals hatten die Ermittler alle diese Taten auch geklärt.

Der einzige nicht geklärte Fall wurde am Abend des 8. November in der Leopoldstadt entdeckt. In ihrer Wohnung wurde die Leiche einer 85-jährige Pensionistin von ihrem Sohn gefunden. Die Frau war erschlagen worden. Befragungen in ihrem Verwandtenkreis ergaben bisher keine konkreten Hinweise, ebenso wenig die Auswertung von DNA-Spuren. Das Opfer hatte rund 300.000 Euro in seiner Wohnung versteckt, die der Täter nicht mitgenommen hatte.

Leichen im Eissalon-Keller

Am 6. Juni waren in der Oswaldgase in Wien-Meidling zwei zerstückelte und einbetonierte Leichen gefunden worden. Zunächst war unklar, wem die Toten zuzuordnen waren, bis der Verdacht auf die spanische Besitzerin eines Eissalons im selben Haus fiel. Die 32-Jährige setzte sich ab und wurde Tage später in Udine erwischt. Bei den Toten handelte es sich um ihren Ex-Mann und ihren ehemaligen Lebensgefährten. Mittlerweile wurde auch bekannt, dass sie ein Kind erwartet, dessen Vater ihr bisher letzter Freund sein soll. "Es ist sicher ungewöhnlich, dass eine Frau so eine Tat begangen haben soll", meinte Scherz.

Nicht einfach zu klären war der erste Mord des Jahres: In der Nacht auf den 4. Jänner starb ein 18-Jähriger an mehreren Messerstichen im Rücken in der Grillgasse auf offener Straße. Am 22. Februar wurden zwei Jugendliche - 16 und 17 Jahre alt - festgenommen. Getötet hatten sie ihn wegen 50 Euro, die sie ihm zum Kauf von Haschisch anvertraut hatten. Das Opfer hatte das Geld jedoch verspielt.

Tatverdächtiger in Nizza festgenommen

Auch der mutmaßliche Täter im Mord an einer 48-Jährigen in der Wiener City konnte ausgeforscht werden. Die Frau war am 17. September von ihrem Ex-Lebensgefährten in ihrer Wohnung nur in Dessous gehüllt und gefesselt entdeckt worden. Aber erst einen Monat später wurde der Tatverdächtige im südfranzösischen Nizza festgenommen. Das Opfer hatte ihn in einer Wiener Disco kennengelernt, vermutet wird ein finanzielles Motiv. Der 26-Jährige, der unter mehreren Identitäten reiste, bestritt bisher die Tat.

Am 13. Februar wurde in einer Donaustädter Lagerhalle ein 36-jähriger Gebrauchtwarenhändler erschossen aufgefunden. Anfang März wurden seine Witwe und ein Bekannter von ihr festgenommen. Das genaue Motiv blieb im Dunkeln, möglicherweise ging es um einen Beziehungsstreit wegen Geld und langer dienstlicher Auslandsaufenthalte des Mannes.

Mord an gebürtigem Tunesier

Am 28. Jänner wurde ein 69-jähriger gebürtiger Tunesier auf der Linzer Straße in Penzing zusammengeschlagen. Etwa zehn Tage später erlag er seinen schweren Verletzungen. Der Fall stellte sich zunächst politisch brisant dar, weil das Opfer früher für einen Verein tätig gewesen war, welcher der Partei (RCD) des gestürzten tunesischen Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali nahesteht. Zwei Tunesier wurden verhaftet. Einer der beiden gab an, vom Opfer in Zusammenhang mit einem Immobilien-Geschäft betrogen worden zu sein.

Am 17. September wurden zwei Morde an einem Tag entdeckt. Neben der Tötung einer 48-Jährigen in der Innenstadt wurde in Margareten ein 32-Jähriger mit einem Messer in der Brust entdeckt. Beim ermordeten Mann handelte es sich um ein Verbrechen im Drogenmilieu, der mutmaßliche Täter war relativ rasch ausgeforscht.

Drei Messermorde an einem Wochenende

Am Wochenende 18./19./20. Februar gab es drei Morde, bei denen jedes Mal ein Messer als Tatwaffe verwendet worden war. In allen drei Fällen wurden relativ rasch Verdächtige ausgeforscht.

Österreichweit gab es nach den Zahlen des Bundeskriminalamtes in den ersten drei Quartalen 2011 übrigens 45 vollendete Morde, um fünf mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Anzeigen nach dem Mordparagrafen gab es 125, um sechs mehr als in den ersten drei Quartalen 2010. Scherz zufolge gebe es zwar ein kleines Plus gegenüber dem Vorjahr, aber "wir sind bei weniger als der Hälfte der Zahlen von vor 20 Jahren". Dem Kriminalisten zufolge waren im Jahr 1990 in der Bundeshauptstadt rund 50 Morde zu verzeichnen. "Es braucht sich in Wien keiner zu fürchten, ein Mordopfer zu werden." (APA)