Ehrengruber antwortet trocken: 34 Prozent aller Wege werden in Wien mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. "Mag sein, dass das einen Tag gut geht. Wenn das Wetter mitspielt, Schüler und Pendler wegfallen und man vorab disponieren kann. Aber mehrere Tage? Ein Horror."
Angesichts des am Dienstag so wie in Wien entspannt-entschleunigten Grazer Stadtbildes, gibt Ulrich Bergmann, Verkehrsexperte an der Technischen Universität Graz, zu, habe er sich die Öffi-Sinnfrage auch gestellt. Freilich nur kurz: Das idyllische Bild sei trügerisch, da wesentlich weniger Verkehrsteilnehmer unterwegs gewesen seien.
Ulrich Bergmann, der am TU-Institut für Straßen- und Verkehrswesen forscht und lehrt, glaubt nicht, dass der Dienstag den zukünftigen Verkehrsalltag verändern wird: "Sobald man sieht, dass wieder genügend Platz auf der Straße ist, wird man wieder auf das eigene Fahrzeug umsteigen." Es herrsche so etwas wie ein Naturgesetz im Straßenverkehr: Lücken werden sofort aufgefüllt.
Auch Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) warnt vor falschen Schlüssen. "Die, die der Stillstand von Bahn, Bim und Bus am meisten getroffen hat, waren ja nicht zu sehen, weil sie zu Hause bleiben mussten." Ältere Menschen oder sozial schlechter Gestellte etwa.
Lehren, so Gratzer, solle man dennoch ziehen: Fahrgemeinschaften müssten nun in der alltäglichen Praxis angewendet werden. Dafür sollte es Förderungen geben, fordert der VCÖ. Und: Wiens Radinfrastruktur sei völlig ungenügend. Mittelfristig, erhält Gratzer da Schützenhilfe aus dem Büro von Planungsstadtrat Rudolf Schicker, werde man hier massiv ausbauen müssen.
Für die Grünen ist das alles zu kurz gegriffen: "Der Dienstag hat gezeigt, dass eine Halbierung des Autoverkehrs möglich ist", erklärt Grünen-Klubobmann Christoph Chorherr - und fordert "Mut zu unpopulären Maßnahmen: Eine City-Maut würde aufregen - aber funktionieren".