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Eine Gruppe von UN-Soldaten bereitet sich auf die Abreise in die Stadt Bunia im Osten des Kongos vor. Eine multinationale Friedenstruppe soll einen neuen Völkermord wie in Ruanda 1994 verhindern.

Foto: REUTERS/Antony Njuguna
Grafik: Standard
Wien/Brüssel/Kinshasa - Die Bewohner im Nordosten des Kongos sollen sie schon verächtlich "Monique" getauft haben: Die derzeit 700 UN- Soldaten der Überwachungsmission "Monuc" - zum überwiegenden Teil Soldaten aus Uruguay - haben nicht eingegriffen, als im Vormonat Milizen mehrere Hundert Zivilisten in der Provinz Ituri mit Macheten massakrierten. Am Mittwoch beschloss der sicherheitspolitische Ausschuss der EU-Regierungen in Brüssel nun die Teilnahme an einer massiv aufgestockten UN-Friedenstruppe für das zentralafrikanischen Land unter Führung Frankreichs. Es wäre der erste außereuropäische Militäreinsatz der Union, und der zweite gemeinsame Friedenseinsatz überhaupt nach der Mission in Mazedonien.

Das EU-Kontingent soll zunächst 1400 Soldaten umfassen, UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den Rahmen allerdings bereits weiter gesteckt und will die gesamten UN- Truppen in der Demokratischen Republik Kongo auf 10.800 Soldaten erhöhen. Deutschland will sich mit einem "fliegenden Lazarett" beteiligen, Belgien stellt zunächst Transportmaschinen und 60 Soldaten für die bis September befristete Mission.

Persönliche Hypothek

Für Annan geht es auch um eine persönliche Hypothek: Als früherer Untergeneralsekretär für Friedenssicherung wurde er für das Abseitsstehen der internationalen Gemeinschaft beim Völkermord in Ruanda 1994 zum Teil verantwortlich gemacht. Damals kamen mindestens 800.000 Menschen ums Leben. Die Rivalitäten zwischen Hutu und Tutsi in Ruanda und Burundi, die damals in den Genozid mündeten, nehmen sich nun die Milizen zum Vorbild, die sich in Kongos nordöstlicher Provinz Ituri bekämpfen. Dort steht die Volksgruppe der Hema, die traditionelle Viehzüchter sind, den Lendus gegenüber, die überwiegend Ackerbau betreiben; beide streiten um die Nutzung des Grunds in Ituri, eine große Zahl der Lendus wird von den wohlhabenderen Hema beschäftigt.

Kindersoldaten

Die Milizen der "Hema Union der kongolesischen Patrioten" (UPC) und ihr Führer Thomas Lubanga nahmen im Mai Ituris Provinzhauptstadt Bunia ein und sollen sich nun - vor der Ankunft der französischen Blauhelme - aus dem Stadtgebiet zurückgezogen haben. Lubangas Milizen gelten gleichwohl als der unberechenbarste Faktor in der Bürgerkriegsregion; zwar behauptete der UPC-Führer, seine Truppen seien "diszipliniert", tatsächlich aber dürfte Lubanga die meisten der Kindersoldaten in dem neuen Konflikt unter Waffen halten. Mit leichten Kalaschnikows bewaffnet terrorisierten Lubangas Kindersoldaten die Provinz und trieben den Großteil der 300.000 Einwohner Bunias in die Flucht.

Die Auseinandersetzungen zwischen Hema und Lendus brachen aus, nachdem Uganda Anfang Mai seine 9000 Soldaten abzog. Dies war Teil eines Friedensabkommens zur Beendigung des Bürgerkriegs im Osten Kongos. Die UNO war bisher nicht in der Lage, die verschiedenen Rebellengruppen zu entwaffnen.(Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 5.6.2003)