BE - Skitne, syndige meg
- ein Film von Jan Dalchow und Trond Winterkjær (Norwegen 2000, 50 min)

Am 6. 6. um 20.30 in Anwesenheit von Dalchow und Winterkjær im Schikaneder

Foto: DV8-Film, identities. Queer Film Festival

I Exist: Voices from the Lesbian and Gay Middle Eastern Community in the U.S.
- ein Film von Peter Barbosa und Garrett Lenoir (USA 2002, 56 min)

Am 12. 6. um 18.30 im Schikaneder

Foto: DV8-Film, identities. Queer Film Festival

Family Fundamentals
- ein Film von Arthur Dong (USA 2002, 79 min)

Am 8. 6. um 20.30 im Schikaneder

Foto: DV8-Film, identities. Queer Film Festival
Für eine Mehrzahl mag die Rechnung einfach sein: Eine Religion, die den Menschen nicht akzeptiert - ab mit Schaden. Nicht alle können es sich aber so einfach machen: Zum einen kann es den - erzwungenen oder selbstgewählten - Verzicht auf einen Teil der eigenen Vergangenheit, auf Familie und Freunde, bedeuten.

Tagebuch eines Vermissten

Und noch schlimmer wird der persönliche Konflikt, wenn Homosexuelle ihren Glauben als wichtigen Teil ihres Selbst empfinden. Der junge Norweger Bjørn Erik in "BE - Skitne, syndige meg" ("Dirty sinful me") ist am Widerspruch zwischen 2.000-jähriger Lehre und seiner Homosexualität gescheitert. Ausgehend vom Tagebuch des offiziell Verschwundenen, der aller Wahrscheinlichkeit nach Selbstmord begangen hat, wirft die Dokumentation Schlaglichter auf eine trotz liberaler Gesetzgebung - etwa bei der eingetragenen Partnerschaft - alles andere als offene norwegische Gesellschaft.

Zu Wort kommen nicht nur Menschen aus Bjørn Eriks persönlichem Umfeld, sondern auch ein Priester und unvergesslicher Antipathieträger, der es sich zur Aufgabe gemacht hat Homosexuelle in Seminaren zu "heilen" - sowie Angehörige einer neo-christlichen "Open Church" für Lesben und Schwule. Doch kann man sich in ihrem Falle des Eindrucks nicht erwehren, dass aus den Augen der Gemeindemitglieder eher der Zweckoptimismus als der Glaube an eine grundlegende Öffnung der alten Religion leuchtet.

Andere Religion, gleicher Mechanismus

2001 war "BE" schon einmal im Rahmen des skandinavischen Filmfestivals "Nordlichter" in Wien zu sehen - nur wenige Monate nach der Dokumentation "Trembling Before G-D" über jüdisch-orthodoxe Homosexuelle, die auf der Jüdischen Filmwoche gezeigt worden war. Auffällig dabei die Parallelen in den Mechanismen von Scham, Unverständnis, offener Ablehnung und - noch schlimmer - "Heilungsversuchen".

Da drängt sich zwangsläufig die Frage auf, wie es mit dem Islam aussieht. Einige Einblicke gewährt "I Exist", eine Dokumentation von Peter Barbosa und Garrett Lenoir über schwule und lesbische Kinder von US-Immigranten aus dem "Nahen Osten". Entsprechend ihrer weit gestreuten Herkunft aus verschiedenen arabischen Ländern und dem Iran sowie ihrer unterschiedlichen sozialen Stellung ergibt sich dabei ein eher heterogenes Bild: Der Koran schweigt zum Thema Homosexualität, die Tradition hingegen hat sich im Verlauf der Jahrhunderte und beeinflusst von wechselhaften europäischen Standpunkten mehrfach verändert. Zwischen Ächtung, Verfolgung und Akzeptanz bewegt sich die Haltung der verschiedenen Herkunftsländer gegenüber Homosexualität; Akzeptanz scheint allerdings in erster Linie sozial höher Gestellten gewährt zu werden.

Was die Religion nicht direkt vorschreibt, besorgt hier die schwer definierbare "Kultur", die Homosexuelle ostentativ totschweigt (daher auch der Titel der Doku als Statement der Ausgegrenzten). Während einige der Interviewten positive Erfahrungen mit ihren Eltern gemacht haben, wurden andere von ihren allesbestimmenden Familien als sozial unerwünschte Elemente ausgeschieden. Ein junger Iraner vergleicht die Familie mit einem Netz: "Jedes Mal, wenn mich bewege, zittert das ganze Netz."

Familienkonflikte

Das jüngste Werk des Dokumentarfilmers Arthur Dong schließlich zeigt den Konflikt zwischen religiösem Fundamentalismus und Akzeptanz queerer Realitäten, wo er am meisten auf die Spitze getrieben ist: "Family Fundamentals" begleitet drei Familien (die eines Mormonen-Bischofs, eines Anführers der Pfingstkirche und eines konservativen Politikers), die mit einem oder mehreren homosexuellen Kindern gesegnet wurden.

Aus der Homophobie der Eltern und ihren nach außen konsequent weitergesendeten politischen Diskrimierungsbotschaften einerseits sowie dem oft hilflosen Bemühen, die eigenen Kinder nicht abschreiben zu müssen andererseits (immerhin ist Familie ja auch ein konservativer Wert) ergibt sich ein Spannungsverhältnis, das die betroffenen Familien oft bis an die Grenzen der Erträglichkeit belastet. (Josefson)