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Wer zahlt für Irrtümer an der Kassa? Viele Händler beheben das Problem mit Mankogeldern.

Foto: APA/Armin Weigel

Rund um Weihnachten häufen sich aufgrund der starken Kundenfrequenz Mankos in den Kassen des Handels. Vielfach stehen Mitarbeiter dafür gerade. Die Gewerkschaft warnt vor juristisch und sozial unsauberen Praktiken.

Wien – Die Kundenschlange an der Kassa einer Handelskette ist mehrere Meter lang. In fliegender Eile wechseln die Geldscheine ihre Besitzer, die Hektik der Verkäuferinnen wächst. Am Ende des Arbeitstages fehlt eine stattliche Summe. Um die Differenz wird nicht lang herumgefackelt. Sie wird auf alle Mitarbeiter, die Zugang zur Kassa hatten, gleichmäßig aufgeteilt und von ihren Gehältern abgezogen.

Fälle wie diese sind kein Einzelfall, sagen Gewerkschafter und erzählen von Betrieben, die Fehlbeträge von den Löhnen zu Monatsende pauschal abziehen, ohne dabei groß nach den Gründen zu forschen. Gerade rund um die Weihnachtszeit fließen innerhalb kurzer Zeit hohe Geldbeträge über die Kassierer. Fehler und Unachtsamkeiten passierten – einigen unter ihnen kämen sie teuer zu stehen.

Gesetzlich nicht zulässig sei es, Mitarbeiter die Differenz ohne ei- ne eingehende Prüfung zahlen zu lassen, sagt Karl Dürtscher, Handelsexperte der Gewerkschaft der Privatangestellten. Abgesehen davon, dass es völlig unsozial sei.

Er kenne Fälle, in denen Arbeitgeber ihren Angestellten sogar je- ne Summe abzogen, die unter dem Strich zu viel in der Kassa war. Geradezu verwegen sei diese Praxis, und in dem besagten Fall letztlich abgestellt worden. Es stehe außer Frage, dass es bei häufigeren Mankos Handlungsbedarf gebe. Der in vielen Unternehmen nach wie vor übliche pauschale Abzug von Minusbeträgen ließe sich aber durch nichts rechtfertigen.

"Auch Manager irren"

In Österreichs Handels herrscht darüber Uneinigkeit. Die Beschäftigten seien für die fehlenden Beträge selbst verantwortlich, heißt es etwa aus einer Lebensmittelkette: Nur so sei ausreichende Achtsamkeit garantiert, das ganze habe wichtige psychologische Effekte.

Jeder irre sich, auch Manager – und bei ihnen seien gleich einmal 100. 000 Euro weg, entgegnet der Chef einer Sporthandelskette. An der Kassa hingegen gehe es meist um kleine Beträge, die der Betrieb ohne weiteres ausgleichen könne. Und um Betrug und Manipulation aufzudecken, dafür gebe es ohnehin genug Sicherheitssysteme.

Bei H&M übernehme das Unternehmen alle etwaigen Fehlbeträge an der Kassa, lässt der Modekonzern wissen. Bei Billa und Merkur erhalten die Kassierer monatlich ein Mankogeld. Es ist Gehaltsbestandteil und liegt bei Angestellten, die mehr als 36 Wochenstunden leisten, bei 15 Euro. Vier Euro im Monat sind es für jene, die unter zehn Stunden die Woche arbeiten, sagt eine Sprecherin. Das Minus, das darüber hinaus anfällt, bezahlen die Kassierer selbst.

Auch Zielpunkt hält sich nach eigener Aussage an ein Gesetz, das Kassakräften monatliche Mankogelder von 14,53 Euro zugesteht. Stimme der Kassenstand, wird die Summe ausbezahlt. Bei höheren Mankos übernehme Zielpunkt in der Regel die Differenzen. Häuften sich die Fehler, würden die Kassakräfte nachgeschult.

Im Elektrofachhandel trage der Unternehmer die gesamte fehlende Summe. "Sobald mehrere Personen die Kassa bedienen, geht's bei den kleineren Händlern einfach nicht anders", meint Branchenobmann Wolfgang Krejcik.

Auch bei DM stehe der Arbeitgeber dafür gerade, versichert Stefan Ornig, Sprecher der Drogeriemarktkette, das sei juristisch gesehen die sicherste Variante. Zudem hätten Mitarbeiter an den Kassen auch andere Aufgaben. Sie berieten und kontrollierten, freundlich müssten sie überdies sein. Kleine Fehler seien menschlich. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2011)