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AHS-, BMHS-, und Pflichtschullehrergewerkschafter haben unterschiedliche Vorstellungen, wie die NMS ausschauen soll.

Foto: apa/fohringer

Wien - Die Lehrergewerkschaften orten zahlreiche Mängel bei der bis 2018/19 geplanten Umstellung der Hauptschulen zu Neuen Mittelschulen (NMS). Zwar wird grundsätzlich die flächendeckende Umstellung auf den bisherigen Schulversuch NMS von den Lehrervertretern der Pflichtschulen, AHS sowie berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) befürwortet. In wesentlichen Punkten üben sie allerdings in ihren Stellungnahmen zu dem Gesetzesentwurf, für den am Sonntag die Begutachtungsfrist geendet hat, harsche Kritik.

Umstritten ist etwa die geplante Unterscheidung zwischen "grundlegender allgemeiner Bildung" und "vertiefender allgemeiner Bildung" in Deutsch, Mathematik, Englisch und Latein/Geometrisch Zeichnen. Dabei können die Schüler - anders als in den Leistungsgruppen der Hauptschule - flexibel zugeteilt werden. Wer im Abschlusszeugnis der vierten Klasse in allen vier differenzierten Gegenständen "vertiefend" abschließt, erhält laut Gesetzesentwurf die AHS-Reife.

AHS-Lehrer fordern mehr Differenzierung

Die AHS-Lehrer fordern allerdings in ihrer Stellungnahme diese Differenzierung in allen Fächern, wobei betont wird, dass die "vertiefte" Allgemeinbildung viele Schüler in der Mittelschule "überfordert": "Es ist pädagogischer Nonsens, eine Rücksichtslosigkeit gegenüber diesen Schülern und das Gegenteil von Differenzierung, sie mit vertieften Inhalten zu quälen, anstatt mit ihnen grundlegende Inhalte zu üben, damit diese halbwegs verlässlich beherrscht werden." Gleichzeitig müssten gute Schüler motiviert werden, indem schon ab der ersten und nicht erst ab der dritten Klasse NMS die Differenzierung im Zeugnis ausgewiesen wird.

Umstieg von NMS auf Gymnasium verschärfen

Außerdem wollen die Gymnasiallehrer eine Verschärfung der Voraussetzungen für einen Umstieg von der NMS an die AHS-Oberstufe. Dass nur die differenzierten Gegenstände über AHS-Reife entscheiden sollen, sei "inakzeptabel", immerhin gelte derzeit die strengere Regel, dass auch in den Gegenständen ohne Leistungsgruppe mindestens ein "Befriedigend" erreicht werden muss. "Jemandem eine Berechtigung für den Besuch einer Schulart auszustellen, für die diese Person nicht die Befähigung besitzt, provoziert ein Scheitern", so der AHS-Zentralausschuss.

Kritik auch von Pflichtschullehrern

Die Pflichtschullehrer lehnen indes die Unterscheidung zwischen "grundlegender" und "vertiefender allgemeiner Bildung" im Zeugnis generell ab. Stattdessen soll wie bisher bei Schülern der ersten Leistungsgruppe Hauptschule der Zusatz "wurde nach dem Lehrplan des RG (Realgymnasium, Anm.) beurteilt" stehen, um eine Ungleichbehandlung von NMS- und AHS-Schülern beim Umstieg in höhere Schulen zu verhindern.

Es dürfe kein Unterschied zwischen AHS-Unterstufe und NMS bestehen, fordert auch der oberösterreichische Landesschulrat, und warnt davor, dass die unterschiedlichen Ziele einer "grundlegenden" und "vertiefenden" Allgemeinbildung "indirekt zu einer Wiedereinführung des 'A-bzw. B-Zuges'" wie früher an Hauptschulen führen. Außerdem müssten Schüler die Möglichkeit bekommen, in Fächern, in denen sie die "Vertiefung" nicht erreichen, eine Wiederholungsprüfung zu machen, wie auch der Landesschulrat Tirol fordert.

Verlust der schulautonomen Gestaltung befürchtet

Wieder ganz andere Probleme ortet die BMHS-Gewerkschaft: Sie "begrüßt keinesfalls" die Anpassung der NMS an die Inhalte der AHS-Unterstufe, immerhin würden 90 Prozent der Haupt- bzw. NMS-Schüler direkt in die berufliche Bildung wechseln. Die Pflichtschullehrergewerkschaft fürchtet indes eine andere inhaltliche Einengung: Durch die geplanten Novellen würden "bisher erprobte und für gut befundene Schwerpunktsetzungen" wie Naturwissenschaften oder Kreativität unmöglich. Auch der oberösterreichische Landesschulrat sieht einen Widerspruch zu den derzeit üblichen schulautonomen Gestaltungsmöglichkeiten.

Umstritten sind auch die angeblichen Kosten der flächendeckenden Einführung der NMS: Laut AHS-Gewerkschaft fallen diese im Endausbau zwischen 40 und 69 Mio. Euro pro Jahr höher als vom Ministerium angegeben aus - je nachdem, ob nur Landeslehrer oder, wie eigentlich vorgesehen, auch Bundeslehrer beim Teamteaching in den vier differenzierten Fächern miteinander in der Klasse stehen. Auch im Salzburger Landesschulrat kann man die Kostenkalkulation nicht nachvollziehen. Bis zum Schuljahr 2018 werde es allein in Salzburg rund 100 NMS-Klassen mehr geben als in dem Modell berechnet, daher sei "jedenfalls mit beträchtlich höheren finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt des Bundes zu rechnen". (APA)