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Elio Di Rupo, designierter Regierungschef.

Foto: Reuters/Roge

Brüssel - Nach mehr als anderthalb Jahren Machtvakuum soll Belgien endlich eine neue Regierung bekommen. "Im Laufe der kommenden Woche" werde er hoffentlich sein Kabinett bilden können, sagte der designierte Regierungschef Elio Di Rupo am Sonntag, nachdem tags zuvor im Streit um einen Sparhaushalt für das kommende Jahr ein Kompromiss gefunden worden war.

Belgien habe den Beweis erbracht, dass es "äußerst schwierige Maßnahmen ergreifen und sich allen Herausforderungen stellen" könne, sagte Di Rupo am Sonntag bei der Vorstellung des Haushaltskompromisses, der nach einem 17-stündigen Verhandlungsmarathon geschlossen wurde. Er nannte die Maßnahmen "gerecht und seriös". Die geplanten Einsparungen beliefen sich für 2012 auf 11,3 Milliarden Euro. An den Verhandlungen seit Freitagabend hatten insgesamt sechs Parteien teilgenommen. Die Gewerkschaften riefen für kommenden Freitag zu Protesten auf.

Eurokrise

Belgien steht wegen einer Staatsverschuldung, die etwa hundert Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) beträgt, in der Eurokrise unter Druck. Die Verhandlungsführer der Parteien erklärten nach dem Kompromiss, Belgien erfülle mit der Einigung die gegenüber der EU eingegangenen Verpflichtungen.

Der Druck auf Belgiens Politik hatte sich am Freitag nochmals erhöht, sich in den Budgetverhandlungen schnell zu einigen. Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hatte Belgiens Kreditwürdigkeit um eine Stufe von "AA+" auf "AA" gesenkt. Die Agentur führte zur Begründung an, die "Schwierigkeiten im Finanzsektor" könnten noch weitere öffentliche Hilfen erforderlich machen - vor einem unsicheren innenpolitischen Hintergrund.

Belgien hat seit April 2010 nur eine kommissarische Regierung. Damals war die Regierungskoalition an einem Streit zwischen Flamen und Frankophonen zerbrochen. Nach den Neuwahlen vom Juni 2010 blieben alle Anläufe für eine neue Regierungsbildung erfolglos. Der designierte Regierungschef Di Rupo hatte am Montag zunächst das Handtuch geworfen. Doch König Albert II. bat ihn darum, seine Bemühungen um die Bildung einer Regierung fortzusetzen.

Durch die Einigung im Haushaltsstreit wurde jetzt das letzte Hindernis für eine neue Regierung unter Beteiligung der Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen freigemacht. Albert II. erklärte am Samstag, er freue sich über den Durchbruch. Er forderte Di Rupo auf, "so schnell wie möglich" eine Regierung zu bilden. Der 60-jährige Politiker wäre der erste frankophone Regierungschef Belgiens seit drei Jahrzehnten und der erste Sozialist in diesem Amt seit 1974. (APA)