Wien - "Man kann Kinder, die dringend Therapie brauchen, nicht warten lassen", sagt Sonja Brauner, Psychotherapeutin und Mitarbeiterin des Wiener Betreuungszentrums für Folter- und Kriegsüberlebende, Hemayat. Etwa ein dreijähriges Mädchen, Tochter einer jungen Frau aus dem ostafrikanischen Ruanda, die in Europa in einem Bordell zwangsprostituiert wurde: "Sie wurde schwanger, gebar das Kind - und schob es, wenn Freier kamen, unters Bett."

Das kleine Mädchen der schließlich nach Österreich geflohenen Frau kam mit Schlafstörungen und Albträumen zu Hemayat. Sie konnte als Patientin vorgereiht werden, "sonst müssen neue Klienten zwei Wochen auf ein Erstgespräch und vier Monate auf den Therapiebeginn warten", erläutert Hemayat-Geschäftsführerin Katharina Lichtblau. 30 Kinder stünden auf der Warteliste.

Grund dafür: "Uns fehlt Geld für mehr Therapeuten." 2009 war das Budget um rund 50.000 Euro höher. Dann fielen zwei öffentliche Subventionsgeber aus. 2010 betreuten 29 Therapeuten und Ärzte sowie 25 Dolmetscher 725 Menschen - mit einem Jahresbudget von rund 400.000 Euro.

Vom Europäischen Flüchtlingsfonds der EU (EFF), der jährlich 150.000 Euro beisteuert, kommen die zugesagten Gelder mit rund sechs Jahren Verspätung. "Der EFF will vor Überweisung die Original-Honorarnoten haben. Diese können unsere Mitarbeiter erst ausstellen, wenn wir sie bezahlt haben. Dafür haben wir oft kein Geld: Wir müssen es ausborgen", so Lichtblau.

Dieses Problem könnte durch Basisfinanzierung des inzwischen 15 Jahre bestehenden, renommierten Projekts gelöst werden. Doch dafür fehle derzeit bei allen öffentlichen Stellen die Bereitschaft. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.11.2011)