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Kurt Spitzer, Brigitte Loderbauer und Christian Pilnacek (v. li.) gaben die Einstellung des Verfahrens gegen fünf Staatsanwälte im Fall Kampusch bekannt. Sie sind sicher: "Es gibt keinen zweiten Täter."

Foto: Ronald Zak/dapd

Wien - Gegen jene fünf Staatsanwälte, denen im Zusammenhang mit dem Entführungsfall Natascha Kampusch Amtsmissbrauch vorgeworfen wurde, wird nicht Anklage erhoben. Dies teilten die Leiterin der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Brigitte Loderbauer, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, Kurt Spitzer, und Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Justizministerium mit. Man habe sich die Ermittlungen in Innsbruck "nicht leicht gemacht", betonten Loderbauer und Spitzer.

Der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes, Johann Rzeszut, der wie der ehemalige Verfassungsgerichtshofpräsident Ludwig Adamovich Mitglied der Kampusch-Evaluierungskommission des Innenministeriums war, hatte die Ermittlungen durch einen Brief an alle Parlamentsklubs ausgelöst. Anders als Rzeszut kam die Staatsanwaltschaft Innsbruck zu dem Schluss, dass die Staatsanwälte, unter ihnen der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Werner Pleischl, der Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter und der Leiter der Staatsanwaltschaft Graz, Thomas Mühlbacher, alle notwendigen Ermittlungen veranlasst hatten.

"Realität und Fantasie"

Die einzige Tatzeugin, die 1998 als Zwölfjährige die Entführung beobachtete, bestätigte vor dem Untersuchungsrichter in Innsbruck, Georg Putz, ihre Beobachtung von zwei Tätern. Loderbauer meinte dazu, dass die "Zeugenaussagen kein durchgängiges Muster" aufwiesen. Auch eine "Vermischung von Realität und Fantasie" könne bei der jungen Frau nicht ausgeschlossen werden. "Es gibt keinen zweiten Täter", ist Loderbauer überzeugt.

Ganz so überzeugt war Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) offenbar nicht. Sie gab am Donnerstag bekannt, dass sie den Bericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck durch den Rechtsschutzbeauftragten der Justiz einem "Double-Check" unterziehen lassen wolle, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz zu stärken. Außerdem kündigte Karl an, alle Akten des Falls Kampusch dem ständigen Unterausschuss des Innenausschusses (dem sogenannte Stapo-Ausschuss) zu übergeben.

Dies sei "bemerkenswert", meint der Leiter des Stapo-Ausschusses, Werner Amon (ÖVP), zum Standard, denn nicht ein-mal die Evaluierungskommission habe alle Aktenteile bekommen.

FPÖ: "Nicht nachvollziehbar"

Zur Einstellung des Verfahrens meinte Amon: "Wenn die Staatsanwaltschaft sich selbst untersucht hat und diesen Schluss zieht, nehme ich das einfach nur zur Kenntnis." Der Stapo-Ausschuss ist ein geheimer Ausschuss, dessen Mitglieder extra vereidigt werden und in einem abhörsicheren Raum tagen. Das könnte laut Grün-Abgeordnetem Peter Pilz schon am 1. Dezember sein. Pilz empört sich im Standard-Gespräch über "die Persilscheinproduktion der Extraklasse". Man müsse sich "gegen die Paten der Regierungsjustiz" wehren.

Auch die FPÖ kommentierte das Ergebnis als "nicht nachvollziehbar". Vom SPÖ-Klub hieß es auf Standard-Nachfrage, man sei ebenfalls dafür, dass der Fall Thema im Stapo-Ausschuss werde.

Rzeszut, der - anders als Adamovich- nicht als Zuhörer zur Pressekonferenz kam, kommentierte die parlamentarischen Aktivitäten als Beweis dafür, "dass der Rechtsstaat nur im Parlament durchzusetzen ist". Der Ex-Höchstrichter lobte aber die "integre Arbeit" des Innsbrucker Richters Putz. Dieser habe nur "leider nicht einvernehmen dürfen, wenn er wollte, sondern wen ihm die Staatsanwaltschaft vorschlug". (Colette M. Schmidt, DER STANDARD-Printausgabe, 25.11.2011)