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Elio Di Rupo wollte aufgeben, aber der König wünscht sich von ihm zu Weihnachten eine neue Regierung, keinen Hasen.

Foto: EPA/Doppagne

Brüssel/Wien - Wenn alles gutgeht, könnten die Belgier eineinhalb Jahre nach den Wahlen im Juni 2010 noch vor Jahreswechsel eine gehörige Überraschung erleben. Denn König Albert II. ist entschlossen, dass das Staatsbudget für 2012 doch bereits von einem neuen Premierminister im Parlament vorgetragen wird, als royales Weihnachtsgeschenk an seine Untertanen; und dass der Mann, der ein hartes Sparprogramm verkündet, Elio Di Rupo heißt.

Das hat der König dem Chef der wallonischen Sozialisten, die bei den Wahlen im Süden mit deutlich über 30 Prozent Stimmenanteil zu den großen Gewinnern zählten, in der Nacht auf Donnerstag eindringlich klargemacht. Di Rupo möge die negativen Folgen eines Scheiterns für das Land bedenken, hieß es in einer Erklärung des Palastes, warum der König den eingereichten Rückzug seines Regierungsbildners abgelehnt hat.

Di Rupo solle weitermachen. Im Hintergrund zieht Albert II. nun mit den großen Alten von Belgiens Politik die Fäden. Dazu gehört Herman De Croo, Exchef der flämischen Liberalen. In fast 50 Jahren Politik war der heute 74-Jährige fast alles: Abgeordneter, Senator, Bürgermeister, Minister auf fast allen Kabinettsposten.

Vor allem aber ist er, wie es in Belgiens Politik häufig vorkommt, Oberhaupt einer Politikerdynastie: Sein Sohn, Alexander De Croo, ist sein Nachfolger als Chef der Liberalen, die die laufenden Verhandlungen über das Budget hatten platzen lassen.

Nach einer Kopfwäsche für De Croo Junior beim König (und einer weiteren für den Chef der wallonischen Liberalen, Charles Michel, der wiederum der Sohn des früheren liberalen Außenministers Louis Michel ist) verkündete De Croo Senior am Donnerstag: "Es gibt keine andere Wahl als eine Regierung aus den sechs Parteien, die in Verhandlung stehen."

Das hat Gewicht. Wie berichtet, wollte SP-Chef Di Rupo aufgeben, weil es ihm seit Mai 2011 zwar gelungen war, die beteiligten sechs Parteien aus beiden Landesteilen auf einen Nenner zu bringen - Christdemokraten, Sozialisten und Liberale aus Wallonien und Flandern. Aber an einer Kürzung der Budgetausgaben um zehn Prozent, 11 Milliarden Euro weniger, schieden sich die Geister - vorerst.

Angst vor Spalter De Wever

Es wäre bereits das zweite Scheitern Di Rupos gewesen. Unmittelbar nach den Wahlen im Juni 2010 hatte er zunächst versucht, mit dem zweiten großen Wahlgewinner, der nationalen flämischen Allianz von Bart De Wever, ein Kabinett auf die Beine zu stellen. Aber die flandrischen Nationalisten legten es drauf an, Belgien aufzulösen, wollten die Transfers vom reichen Norden in den wallonischen Süden austrocknen. Den Spalter De Wever zu verhindern, das könnte nun doch der Kitt für eine komplexe neue Koalition werden. Di Rupo bat den König um Bedenkzeit. (DER STANDARD Printausgabe, 25.11.2011)