Belgrad - Der Chef der mitregierenden Sozialisten (SPS) in Serbien, Innenminister Ivica Dacic, sorgt erneut für Aufsehen. Niemand in Serbien solle behaupten, dass man für den Kosovo keinen Krieg führen wolle, erklärte Dacic unter gleichzeitigem Hinweis, dass das "Gleichgewicht der Angst wegen der regionalen Sicherheit notwendig" sei. Der kosovarische Premier Hashim Thaci müsse wissen, dass er durch einen eventuellen Angriff auf die Kosovo-Serben auch Belgrad angreifen würde, erläuterte der Innenminister seinen Standpunkt am Donnerstag gegenüber der Tageszeitung "Press". "Serbien könnte dem (einen Angriff, Anm.) nicht ruhig zuschauen", so Dacic.

In den vergangenen Monaten war Dacic, einstiger langjähriger Mitarbeiter des früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, mit seinen Äußerungen zum Kosovo wiederholt aufgefallen. Vor einiger Zeit hatte er sich für die "Festlegung der Trennlinie" zum Kosovo eingesetzt, was in der serbischen Öffentlichkeit als eine Aufforderung zur Aufteilung des jüngsten Staates Europas gedeutet wurde.

Die Koalitionspartner aus der Demokratischen Partei (DS) von Staatspräsident Boris Tadic, die seit Jahren betonten, dass Belgrad keinen Krieg mehr führen wolle, haben es bisher meist unterlassen, die Äußerungen des Innenministers zu kommentieren. Serbien könne sich nicht den Luxus leisten, in Kriegen eine weitere Generation zu verlieren - denn danach werde es kein Serbien mehr geben, meinte DS-Sprecherin Jelena Trivan der Tageszeitung gegenüber.

Nach Meinung des Belgrader Analysten Milan Nikolic ist die Äußerung von Dacic wenige Monate vor der Parlamentswahl vor allem an die heimische Öffentlichkeit gerichtet. "Sie soll zeigen, dass jemand ein größerer Patriot als andere ist, um bei einem Teil der Wählerschaft gut anzukommen", glaubt er. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage legte an den Tag, dass mehr als drei Viertel der Bürger Serbiens derzeit gegen ein mögliches Ende der Unterstützung für die im Nordkosovo lebenden Serben sind, selbst wenn dies eine Voraussetzung für den Status eines EU-Beitrittskandidaten wäre. Alle Meinungsumfragen deuten andererseits darauf hin, dass die Sozialisten von Dacic nach der Wahl die drittstärkste Kraft im Parlament sein werden, von der im bedeutenden Ausmaß die Bildung einer neuen Regierung abhängen wird. Als sich Präsident Tadic nach der Parlamentswahl im Frühjahr 2008 entschlossen hatte, die Sozialisten von Dacic zum Regierungspartner zu wählen, hatte dies beträchtlichen Unmut unter einem Teil der früheren Gegner des Regimes von Milosevic ausgelöst. (APA)