Bregenz - Sind die Medien von ihrer Wirksamkeit her tatsächlich die vierte Gewalt einer demokratischen Gesellschaft? Wie können sie ihrer Kontrollfunktion trotz ökonomischer Zwänge gerecht werden, wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Medien und Politik? Diesen Fragen stellten sich im Kuppelsaal der Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz die Chefredakteurin des aktuellen Dienstes beim ORF Vorarlberg, Marion Flatz, STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid und Johannes Huber, einer der stellvertretenden Chefredakteure der Vorarlberger Nachrichten. Zur Diskussion geladen hatten die überparteiliche Initiative "Werkstattgespräche" und das Kulturform Bregenzerwald.

Die Kontrollfunktion sei in Österreich, wo es an offener Diskussionskultur fehle, zu wenig ausgeprägt, kritisierte Föderl-Schmid. Einem Qualitätsmedium käme die Aufgabe zu, den Diskurs anzuregen. Journalistinnen und Journalisten hätten mit der Herausforderung zu kämpfen, in einer Welt, in der Zusammenhänge immer schwerer zu durchschauen sind, Hintergründe aufzuzeigen. Es bedürfe gründlicher Recherche und Mut zum investigativen Journalismus. "Man kommt ja gar nicht nach, Geschichten zu überprüfen", dafür fehle es im tagesaktuellen Geschäft oft an Zeit, bedauerte Johannes Huber. Außerdem fehle dem schreibenden Nachwuchs die Leidenschaft. Ein "straffes Personalsparpaket" mache tiefgehende Recherchen zunehmend schwieriger, ließ Marion Flatz leise Kritik an ORF-Strategien anklingen. Zudem habe man mit dem "Umfeld" zu kämpfen: "Wir werden von PR-Beratern eingekreist."

Einig war sich die Runde in der Forderung nach transparenter Presseförderung und der Kritik an Inseratekampagnen der Bundesregierung im Boulevard, die, so Huber, "eine seltsame Form der Presseförderung und gleichzeitig eine Bestrafung der anderen Medien sind". Das Zusammenspiel von Medien und Politik sei in Vorarlberg trotz direkter verwandtschaftlicher Verbindungen des Medienhauses und der ORF-Landesdirektion in die ÖVP nicht stärker als andernorts, beteuerten Huber und Flatz. Auf die Monopolstellung des Russ-Konzerns angesprochen, sagte Huber: "Diese Rolle fordert von uns größtmögliche Transparenz." (jub/DER STANDARD; Printausgabe, 21.11.2011)