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Roman Hebenstreit, neuer Konzernbetriebsratschef der ÖBB.

Foto: APA/Vida

So gut geplant, wie die Verjüngung der Spitze von ÖBB-Konzernbetriebsrat und Eisenbahnergewerkschaft aussieht, war sie wohl nicht. Denn avisiert war der Abgang des streitbaren "Willi", wie Wilhelm Haberzettl (56) in SPÖ und Gewerkschaft genannt wird, erst für 2013; da erreicht der gelernte Fahrdienstleiter sein Pensionsalter.

Bis dahin wären Haberzettls alter Garde, die fast zur Hälfte aus Fastpensionisten besteht, vermutlich die letzten tauglichen Nachfolger abhandengekommen. Einer davon, Roman Hebenstreit, Chef des Lokführer- und Fahrdienst-Betriebsrats (ÖBB-Produktion) und nunmehr designierter Vorsitzender der ÖBB-Konzernvertretung, sei auf dem Weg zurück nach Graz gewesen, sagt Haberzettl. Daher habe er keine Alternative gehabt und ihn aufhalten müssen.

Ob kluge Strategie die treibende Kraft war oder doch der Lockruf eines Geschäftsführerpostens für Haberzettl in der Eisenbahnerwohnbaugenossenschaft: Für ÖBB-Bedienstete und die Dienstleistungsgewerkschaft Vida (zu der die Eisenbahner gehören) dürfte die Wahl keine schlechte sein. Denn der 40-jährige Hebenstreit gilt bei Dienstnehmern wie ÖBB-Managern als hart, aber sachlich. Machtspiele und politische Deals, wie bei Verstaatlichten-Betriebsräten schlechte Tradition, seien dem gelernten Maschinenschlosser ebenso ein Gräuel wie Polit-Nebenjobs oder Mandate, was nicht heiße, dass Hebenstreit kein politischer Kopf sei, aber er sei "geerdet", nah der Basis.

Deshalb ist er freitags auch bei seiner Truppe, der "FB Süd 2 Steiermark" in Graz. Auf dem Weg dorthin, meist als Kopilot im Führerstand, sieht er, wie es im Fahrdienst zugeht. Richtig in Saft geht der ruhig und besonnen auftretende Freizeitfischer, wenn es um Sicherheit in der Eisenbahn geht. Als im Prozess um das Zugsunglück in Lochau-Hörbranz nicht die für Sicherheit verantwortlichen ÖBB-Manager, sondern Triebfahrzeugführer und Notfallleiter angeklagt wurden, lief Hebenstreit zur Höchstform auf. Er trieb einen Zeugen auf, der vor Gericht zugeben musste, von der Unternehmensleitung in Wien auf seine Aussage "vorbereitet" worden zu sein. Nun ist die ÖBB selbst angeklagt und muss sich nach Unternehmensstrafrecht verantworten.

Mit dem Alltag eines Eisenbahners ist der Steirer gut vertraut: Sein Vater war Verschieber. Nun muss der Sohn auf Schienen balancieren: die zerstrittenen ÖBB-Personalvertreter einen und sich trotzdem Zeit für Frau und Sohn bewahren. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 19./20.11.2011)