Prammer ist für ein dreistufiges Modell.

Foto: Standard/Cremer

Wien - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) erachtet die Instrumente der direkten Demokratie, mit denen sich Bürger direkt am politischen Prozess beteiligen können, als verbesserungsfähig - nicht zuletzt, weil Volksbegehren oft ohne Konsequenzen bleiben. Im Ö1-Radio plädierte sie am Freitag für ein dreistufiges Modell, wie es in Deutschland in ähnlicher Form in einigen Bundesländern angewendet wird.

In einem ersten Schritt legt eine Bürgerinitiative einen konkreten Gesetzestext vor. Wird dieser ausreichend von Bürgern unterstützt, kommt er ins Parlament. Lehnt das Parlament den Entwurf jedoch ab, kommt es zum Volksbegehren. Ist dieses erfolgreich und es gibt trotzdem keine Einigung auf ein Gesetz, kommt es zum Volksentscheid, sprich zur Volksabstimmung. Bei entsprechender Unterstützung können damit Bürger also auch gegen den Willen des Gesetzgebers Gesetze durchbringen.

Begleitet sei jeder dieser Schritte wie in einem herkömmlichen Gesetzwerdungsprozess von umfangreichen Diskussionen, und das sei der große Vorteil dieses Modells, glaubt Prammer. Sie lehnt Vorschläge ab, wonach Volksbegehren ab einer bestimmten Beteiligung in einer Volksabstimmung münden.

Die Opposition begrüßt den Vorstoß Prammers. "Wenn die Gefahr besteht, dass ihre Unterschrift in einer Schublade versumpert, reagieren die Menschen nicht mit Engagement, sondern mit Frust" , sagt Daniela Musiol, Grünen-Verfassungssprecherin.

Das BZÖ will, dass es künftig "Internet-Volksbegehren" gibt, die ab 100.000 Unterstützern verpflichtend im Parlament behandelt werden muss. Ab 400.000 soll es eine Volksabstimmung geben müssen. In der FPÖ will man, dass 150.000 Unterstützer genügen, um verpflichtend eine Volksabstimmung folgen zu lassen.

Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf: "An der FPÖ soll es nicht scheitern, wenn für mehr direkte Demokratie parlamentarische Mehrheiten gesucht werden." Aber: "Prammer ist zu wünschen, dass sie ihren Vorschlag in der eigenen Partei durchbringt."

In der SPÖ heißt es: Man könne natürlich über neue Modelle reden. Die von Prammer angeführte dreistufige Lösung findet SP-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter allerdings "ein bisserl kompliziert" .

Der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer (ÖVP) plädiert dafür, "bestehende Mittel, die Meinungen von Bürgern in den Gesetzgebungsprozess miteinbeziehen, stärker zu nützen" . Derzeit würden - auch von Bürgerinitiativen - verschiedene Vorschläge am Tisch liegen, sagt Neugebauer, "die wir mit Bedacht auf die weitere Ausgewogenheit, die die Bundesverfassung vorsieht, seriös diskutieren wollen" . (red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.11.2011)