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Verbesserungswürdige Bedingungen in der Tourismus- und Gastronomiebranche

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Salzburg - Die Arbeitsbedingungen in der Tourismusbranche in Salzburg sind so schlecht, dass jeder dritte Beschäftigte den vollständigen Berufswechsel anstrebt. Das ist ein wesentliches Ergebnis des aktuellen "Arbeitsklima-Index Tourismus", den die Arbeiterkammer Salzburg zusammen mit der Gewerkschaft, der Fachhochschule Salzburg und dem Meinungsforschungsinstitut IFES erhoben hat.

Obwohl der Tourismus mit durchschnittlich 21.000 Beschäftigen einer der wichtigsten Wirtschaftszweige für das Bundesland Salzburg ist: "Den Beschäftigten geht es nicht so gut. Der Index zeigt die Realität hinter der Postkartenidylle", wetterte Salzburgs AK-Vizepräsident Walter Androschin am Freitag bei einer Pressekonferenz. Die Menschen, die noch jung sind in der Branche, seien sehr engagiert, was im Laufe der Zeit aber nachlasse. Dafür gebe es viele Gründe: Die schlechte Bezahlung, der hohe Zeitdruck, "nicht planbare" Dienstpläne, sehr wenig Ruhezeiten, schlechte Karrierechancen. "Auch bei den Lehrlingen ist die Ausstiegsquote sehr hoch", sagte Androschin.

Im Frühjahr 2011 wurden 30.514 Salzburger Tourismusbeschäftigte schriftlich und anonym befragt. 2.710 schickten gültig ausgefüllte Fragebögen per Post zurück. Die Rücklaufquote von 9,4 Prozent bezeichnete Studienautorin Ines Grössenberger von der Fachhochschule Salzburg als "beachtlich".

Dass der umstrittene Ruf in der Branche offenbar berechtigt ist, zeigen die Ergebnisse der Befragung auf: Das Einkommensniveau liegt um durchschnittlich 300 Euro unter dem der Salzburger Beschäftigten insgesamt. 61 Prozent der Beschäftigten arbeiten mehr, als vertraglich vereinbart. 35 Prozent leisten häufig Überstunden. Von jedem Fünften wird ständige Verfügbarkeit verlangt. Jeder Zweite erhält keinen Dienstzettel am Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Niedrige Einkommen

Nur zwölf Prozent können "sehr gut" von ihrem Einkommen leben, für jeden Zehnten reicht es nicht zum Leben aus. Personen mit Migrationshintergrund verdienen im Schnitt rund 120 Euro weniger als Österreicher. Jeder Zweite hat innerhalb der vergangenen fünf Jahre keine Weiterbildung besucht. "Es kann auch nicht sein, dass ein Jungkoch unter 1.300 Euro brutto verdient. Eine Hilfskraft in der gewerblichen Gebäudereinigung erhält mit Lohnabschluss ab Jänner 1.350 Euro Brutto", veranschaulichte Androschin. Man könne auch keine Lehrlinge als Hilfsarbeiter verwenden.

"Der Arbeitsklima Index Tourismus liegt mit 99 Indexpunkten weit unter dem Wert aller Salzburger Beschäftigten, die 2010 insgesamt 114 allgemeine Index-Punkte erreichten", so der AK-Vizepräsident. Was die physische Belastung angehe, so fühlten sich nur die Beschäftigten in der Baubranche und im Leiharbeitsgewerbe stärker belastet. Der Landessekretär der Gewerkschaft vida, Thomas Berger, befürchtet einen "dramatischen Fachkräftemangel, den der Tourismus innerhalb kürzester Zeit erleiden werde.

"An der Berufsschule in Obertrum werden derzeit 1.250 Lehrlinge ausgebildet, 2008 waren es noch 1.750." In den vergangenen sieben Jahren sei der Beschäftigtenstand im Tourismus in Salzburg von 20.000 auf 23.000 gestiegen. Das Plus von 3.000 werde mit ausländischen Arbeitskräften abgedeckt. Diese würden sich weniger beschweren, da sie nach einigen Saisonen wieder "abhauten", meinte Androschin. Der Anteil der Beschäftigten aus dem Ausland liegt mit 46,3 Prozent laut Berger "auf dem absoluten Höchststand".

Verbesserungsvorschläge haben Arbeiterkammer und Gewerkschaft genug parat. Sie forderten eine attraktivere Lehrlingsausbildung, sodass mehr Nachwuchs zur Verfügung steht, weiters Werbung für Fachkräftenachwuchs, höhere Löhne, längerfristige Dienstpläne zwecks planbarer Familien- und Freizeitaktivitäten, Dienstzettel für alle Beschäftigten vor Antritt des Dienstverhältnisses und die Umsetzung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes. Die Tourismusbranche schaffte es in der AK-Rechtsabteilung im Vorjahr zum Spitzenreiter: Über 514.550 Euro wurde gerichtlich und außergerichtlich erstritten. (APA)